Gehälter der Europäischen Kommission:Populistischer Angriff auf Brüssels Beamte

Europäische Kommission, Brüssel

Im Sitzungssaal der Europäischen Kommission: Die Beamten-Bezüge sind in die Kritik geraten.

(Foto: AFP)

21.000 Euro monatlich für die Kanzlerin: So viel verdient laut Angaben der Europäischen Kommission kein einziger EU-Beamter - auch wenn das immer wieder kolportiert wird. Tatsächlich erscheinen die Verwaltungskosten der EU im Vergleich zu den hohen Ausgaben in den nationalen Regierungsapparaten verschwindend gering.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Für viele Bürger ist die Welt in Brüssel eine unverständliche, vor allem aber undurchdringliche bis bedrohliche Unbekannte. Da ist es kein Wunder, dass sich viele wehren gegen das, was von dieser Unbekannten angeblich beschlossen wird. Das gilt erst recht, wenn vom Bund der Steuerzahler erklärt wird, dass die EU-Beamtenschaft sich all die Maßregelungen in einem finanziellen Schlaraffenland ausdenkt.

Es ist nicht der erste populistische Angriff auf die EU-Beamtenschaft - in der auch nicht alles zum Besten ist, eben wie in jeder Beamtenschaft. Brisant ist aber, dass die Zahlen, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel weniger verdient als Tausende EU-Beamte, genau dann veröffentlicht werden, wenn über den nächsten großen EU-Haushalt der Jahre 2014 bis 2020 verhandelt wird.

Am Donnerstag versuchen die Staats- und Regierungschefs nach ihrem gescheiterten Versuch im November 2012, sich auf einen Finanzrahmen von 1000 Milliarden Euro zu einigen. Die Verwaltungskosten aller europäischen Institutionen schlagen mit 5,87 Prozent zu Buche, rund 63 Milliarden Euro. Das ist wenig - aber Kürzungen hier sollen vor allem den Bürgern in den 27 Ländern signalisieren, dass sich die Chefs der Brüsseler Bürokratie annehmen und nicht nur zuhause teilweise stark kürzen.

Aus Sicht der EU-Kommission ist diese Entwicklung natürlich bedauerlich. Gleichwohl steht fest: Die Frage, ob und wie viele EU-Beamte netto mehr auf dem Konto haben als Merkel ist seriös kaum zu beantworten. Das Nettogehalt hängt stark von den persönlichen Lebensumständen ab. Und von den nationalen Gepflogenheiten. Mal gibt es Kinderzuschläge, Ortszuschläge, Auslandszuschläge, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld - und mal nicht.

17 Prozent der EU-Bediensteten sind Deutsche

In der EU müssen die Beamten Pensionsrückstellungen von 11,6 Prozent leisten, in Deutschland dagegen nicht. Das Gehalt der Bundeskanzlerin setzt sich zusammen aus ihrem Grundgehalt von knapp 17.000 Euro monatlich. Dazu stehen ihr weitere 4000 Euro zu, eine Art reduziertes Gehalt als Bundestagabgeordnete. Zusammen macht das also 21.000 Euro monatlich - derzeit. So viel verdient nach Angaben der Europäischen Kommission kein einziger Beamter in den Institutionen.

Die Europäischen Kommission hat nun viele Statistiken bemüht, um aufzuzeigen woher die EU-Beamten kommen und wie sie bezahlt werden. Danach sind knapp 17 Prozent der insgesamt weltweit 55.000 EU-Bediensteten (davon arbeiten 33.000 für die EU-Kommission) deutsche Staatsbürger. Im höheren Dienst, vergleichbar mit Referats- oder Abteilungsleiterpositionen oder Staatssekretären, besetzen sie jeden zehnten EU-Posten; in den Einsteigerregionen sind Bundesbürger deutlich weniger vertreten. Nur drei Prozent der Zeitarbeitsverträge, die EU-Institutionen mehr und mehr vergeben, werden von Akademikern aus Deutschland unterschrieben.

Sicher agiert die EU-Kommission im Streit um die Gehälter teilweise ähnlich populistisch wie die Hauptstädte. Es ist schlicht nicht richtig, die hohen Kosten der nationalen Regierungsapparate mit den vergleichsweise verschwindenden Kosten des Brüsseler Apparats zu vergleichen. Schließlich sind Bereiche wie Renten oder Soziales nicht vergemeinschaftet.

Gleichwohl hat die Behörde in den vergangenen Krisenjahren neue, anspruchsvolle Aufgaben bei der Wirtschaftskoordinierung und im Finanzsektor übernommen. Ohne bestes Personal werden die nicht zu bewältigen sein.

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