Parlamentswahlen in Italien:Im römischen Theater

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Gegen barbusige Frauen hat Silvio Berlusconi selten etwas einzuwenden - es sei denn, es sind Aktivistinnen, die gegen Italiens Ex-Premier demonstrieren. Die Stimmabgabe von dessen Konkurrenten Grillo und Bersani verlief deutlich unspektakulärer. Noch bis Montagnachmittag läuft die Wahl, ob es dann tatsächlich "Basta Silvio" heißt, ist noch offen.

Von Andrea Bachstein, Rom

Diese Femen-Aktivistin lässt sich nur unter Protest abführen: Mit nackter Haut demonstrierte sie gegen Ex-Premier Silvio Berlusconi, als dieser an die Urne trat. (Foto: AFP)

Die drei barbusigen Frauen sind diesmal nicht von Silvio Berlusconi bestellt. Sie warten auf ihn, als er am Sonntagmittag in Mailand im Wahllokal seine Kreuzchen macht. Fans sind sie keine, die Aktivistinnen von "Femen", auf ihrer Haut steht: "Basta Silvio". Polizisten entfernen die schreienden, sich heftig wehrenden jungen Frauen. Auch wenn das kaum die Absicht der Feministinnen war - sie sorgen dafür, dass der in den Medien meist genannte Politiker am ersten der beiden Wahltage in Italien Ex-Premier Berlusconi ist. Die unspektakulären Stimmabgaben des scheidenden Premiers Mario Monti und des wahrscheinlichen Wahlsiegers Pierluigi Bersani können da einfach nicht konkurrieren.

Bereits die Schlagzeilen der Sonntagszeitungen hatte Berlusconi dominiert, weil er gegen die gesetzliche Wahlruhe verstoßen hat. Sie verbietet seit Freitag, Mitternacht, den Kandidaten politische Äußerungen. Aber wer einen Fußballklub besitzt, findet Gelegenheiten, die andere nicht haben. Vor dem Schlagerderby zwischen Inter und seinem AC Mailand nutzte Berlusconi einen Besuch bei der Mannschaft dazu, mal wieder auf die Justiz einzudreschen: "Die Richterschaft ist schlimmer als die sizilianische Mafia."

Das liegt ungefähr auf dem Niveau dessen, was er am letzten Wahlkampfabend im Fernsehen sagte: "Die Opposition hat Schuppen, Mundgeruch und wäscht sich nicht." Sitzen gelassen hatte er jedoch seine Anhänger, die ihn zum Abschluss der Kampagne in Neapel erwarteten: Wegen einer Bindehautentzündung bekomme er kaum die Augen auf, teilte er per Videobotschaft mit. Ein Schelm, wer dabei denkt, das könnte damit zu tun haben, dass seine Augen in letzter Zeit fast zu Schlitzen verzogen sind, wie bei jemandem, der zu oft geliftet worden ist.

Die Jobs als Wahlhelfer sind begehrt - mit Folgen für den Nahverkehr

Siegesgewiss und ganz seriös hat der Sozialdemokrat Bersani in einem römischen Theater den Wahlkampf verabschiedet. Das ging dann fast unter neben dem Finale des anderen großen Populisten: Beppe Grillo mit seiner Fünf-Sterne-Bewegung ( MoVimento 5 Stelle) schloss den Wahlkampf mit der bei weitem größten Veranstaltung. Sicher waren es nicht 800.000, wie er behauptete, aber 50.000 Menschen dürften es gewesen sein, die ihn in Rom vor der Laterankirche hören wollten. Bersani sei ein Parasit, sagte Grillo dort, und den schon rituellen "Bumm"-Schrei zum Politiker-Erschrecken ließ er die Menge auch an die deutsche Kanzlerin richten. Außerdem verkündete Grillo bereits: "Wir haben gewonnen."

Wer gewinnt, weiß man aber erst, wenn an diesem Montag um 15 Uhr die 61.597 Wahllokale schließen. 145 Euro für beide Tage bekommen die Wahlhelfer dort, in den drei Regionen, die auch über Regionalparlamente abstimmen, 170 Euro. Das macht den Job begehrt. Besonders bei Angestellten von Nahverkehrsbetrieben, die das Recht haben, dafür dem Job fernzubleiben. Das hat jedes Mal Folgen in den Großstädten von Nord bis Süd: In Rom etwa rechnet man mit bis zu 30 Prozent Reduzierung bei öffentlichen Verkehrsmitteln. 1100 Mitarbeiter des Verkehrsunternehmens sind in Turin mit den Wahlen beschäftigt - 20 Prozent Einschränkungen werden erwartet.

Auch in Neapel können Hunderte Busse wegen der Wahlhelfer nicht fahren, die U-Bahn-Linie 6 ist außer Betrieb. Sie hat zwar nur vier Stationen, aber weil die Mitarbeiter auch Anspruch auf Ruhezeiten haben, läuft in der Millionenstadt am Vesuv erst ab Freitag der Nahverkehr wieder normal. Dann ist man, wenn alles gut geht, in Rom vielleicht schon bei Koalitionsverhandlungen.

© SZ vom 25.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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