Entscheidung bei Donauausbau:Kabinett verzichtet auf Kanal und Staustufe

Donauausbau

Die Mühlhamer Schleife der Donau: Hier sollte es einen Durchstich des Flusses geben, mit Staustufe und Schleuse.

(Foto: dpa)

54 Fisch- und 130 seltene Vogelarten - die Donau zwischen Straubing und Vilshofen ist ein ökologisches Juwel. Nun ist sicher, dass es auch erhalten bleibt: Das Kabinett hat einen Verzicht auf Kanal und Staustufe beschlossen. Die Naturschutzverbände bleiben misstrauisch.

Von Christian Sebald

Es ist ein glücklicher Tag für Josef Thalhammer. "Jahrelang haben die Staatsregierung und die CSU uns Donauanlieger damit erpresst, dass sie gesagt haben, ihr bekommt den Hochwasserschutz nur, wenn ihr den massiven Ausbau der Donau mit Kanal und Staustufe akzeptiert", sagt der Bürgermeister des 2000-Einwohner-Dorfes Niederalteich, das genau dort liegt, wo einmal der umkämpfte Kanal an der Mühlhamer Schleife von der Donau abzweigen sollte.

"Mit ihrem heutigen offiziellen Beschluss, auf das gigantische Bauwerk zu verzichten, tun Horst Seehofer und sein Kabinett endlich das, was erste Politiker-Pflicht ist", sagt Thalhammer: "Sie nehmen den Willen der Menschen ernst, die von ihren Entscheidungen betroffen sind." Deshalb, so sehen das Thalhammer und die übergroße Mehrheit der Bevölkerung an der niederbayerischen Donau, ist dieser Mittwoch ein glücklicher Tag für sie. Und natürlich sind sie dem Ministerpräsidenten dankbar dafür, dass er ihre Proteste erhört hat und den Kampf um die Donau beendet hat.

Dabei ist es nicht einmal Seehofer selbst, der in München die Entscheidung verkündet, die sie in Niederbayern so sehnlich erwartet haben. Der Ministerpräsident und seine Frau Karin sind schon am Morgen nach Rom geflogen und wohnen dort der letzten Generalaudienz von Papst Benedikt XVI. bei. Deshalb treten Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und Umweltminister Marcel Huber (CSU) nach der Kabinettssitzung vor die Presse und verkünden in dürren Worten das, was sich seit Herbst abgezeichnet hat: Der Freistaat verzichtet auf den massiven Ausbau der letzten, weitgehend unverbauten 70 Donau-Kilometer in Bayern zwischen Straubing und Vilshofen.

Zumindest verzichtet eine jede Staatsregierung unter Ministerpräsident Seehofer darauf. Anders als beim Ausbau des Münchner Flughafens, der Isental-Autobahn und anderen Großprojekten beugt sich die CSU damit den jahrzehntelangen wütenden Protesten der Bevölkerung - auch wenn dies womöglich nur mit dem Ziel passiert, der Opposition bei der Landtagswahl im Herbst eine Angriffsfläche zu nehmen, wie viele spekulieren.

Zugleich versprechen Seehofer und sein Kabinett den Niederbayern, dass sie den Hochwasserschutz vorantreiben werden. Ortschaften wie Niederalteich oder Mariaposching warten seit Jahrzehnten darauf. Im Katastrophenfall stünden sie meterhoch unter Wasser. Nun werden sie endlich neue Dämme und Deiche bekommen. Aber auch die Schifffahrt soll profitieren. Zwar verzichtet man auf Stauwehr und Kanal. Aber die Donau soll doch so ausgebaut werden, dass Frachter die Engstelle künftig deutlich besser passieren können.

Hotspot der Biodiversität

Vor allem aber soll die Natur zu ihrem Recht kommen. Die Donau zwischen Straubing und Vilshofen ist ein ökologisches Juwel, wie es kein zweites gibt an einem mitteleuropäischen Fluss. Hier leben allein 54 Fischarten, darunter Zingel und Strebern, die sonst kaum noch vorkommen. Und in den Auwäldern entlang des Flusses brüten Blaukehlchen, Halsbandschnäpper, Bienenfresser und weitere 130 zumeist sehr seltene Vogelarten, wie Ornithologen dokumentiert haben. "Die niederbayerischen Donau ist ein Hotspot der Biodiversität", sagt Umweltminister Huber deshalb gerne. "Mit unserer Entscheidung haben wir die Gewissheit, dass er erhalten bleibt."

Gleichwohl bleibt die Freude der Naturschutzverbände verhalten. Zwar begrüßen der Bund Naturschutz, der Vogelschutzbund LBV und andere kleinere Organisatoren den Beschluss. Aber sie sind misstrauisch, ob der Verzicht auf Staustufe und Kanal wirklich endgültig ist. Schließlich hat die Kanal-Lobby um den früheren CSU-Chef Erwin Huber und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in zähem Ringen durchgesetzt, dass eine Staatsregierung nach Seehofer ihn revidieren könnte. Zwar betonen Wirtschaftsminister Zeil und Umweltminister Huber, dass dies sehr unwahrscheinlich sei. Aber dieses Zugeständnis ist der Grund, warum viele dem neuen Frieden nicht richtig trauen.

So wie auch der Niederalteicher Bürgermeister Thalhammer. "Natürlich wären wir sehr viel glücklicher, wenn die Staatsregierung sich zu einem endgültigen Verzicht auf Staustufe und Kanal hätte durchringen können", sagt er. "Schließlich haben wir es schon oft erlebt, dass eine Zusage von heute schon am nächsten Tag nicht mehr gegolten hat."

Für diesen Fall haben sich die Donau-Anwohner aber schon gewappnet. "Die Staatsregierung muss sich über Eines im Klaren sein", sagt Thalhammer. "Sollte sie irgendwann doch wieder den Bau von Staustufe und Kanal forcieren, steht unsere Protestfront, und zwar stärker als je zuvor."

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