Dienstwagen-Klau:"Mir geht es nicht anders als Ihnen"

Kritik an der Nutzung ihres Dienstwagens im Urlaub weist Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) von sich. Die Benutzung entspreche Rechtslage und Richtlinien. Wie die Ministerin in Spanien ihr Malheur erklärt.

Friedrich Kassebeer

In dem kleinen Touristenort Els Poblets bei Dénia an der Costa Blanca herrschten am Montag spätnachmittags 36 Grad, als Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt energischen Schrittes die Dorfstraße entlangkam, begleitet von einigen Honoratioren und Polizisten, empfangen auch von einer kleinen Batterie Fernsehkameras und dem Beifall einer sommerlich gekleideten Menge vor der Casa de la Cultura.

Ulla Schmidt, Dienstwagen, Reuters

Der Fächer kühlt im Alternativ-Auto: Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wies Kritik an ihrem Verhalten zurück.

(Foto: Foto: Reuters)

Im örtlichen Kulturhaus war das Treffen der Ministerin mit deutschen Bewohnern der Costa Blanca zum Thema Gesundheit und Versicherung angesetzt, und über das Erscheinen der SPD-Politikerin zu Fuß wunderte sich niemand. Denn wohl alle wussten, dass der Mercedes-Dienstwagen Mitte vergangener Woche im Feriendomizil von Ulla Schmidt in Dénia gestohlen worden war.

Dazu wollte Schmidt, schön gebräunt und gutgelaunt, den vielen Journalisten nicht viel sagen. Die Kritik deutscher Politiker und Verbände, sie habe durch Einsatz des Dienstwagens im Urlaub Steuergelder verschwendet, tat Schmidt ab wie übliches Sommergetöse. Zum Sicherheitsproblem im Urlaub meinte sie, diesmal sei kein besonderer Polizeischutz nötig gewesen. Der deutsche Stadtrat Horst Glöde in Dénia, ehemaliger Polizist aus Berlin, klagt aber darüber, dass Dénia mit normal 40.000 Einwohnern, jedoch 150.000 Sommergästen polizeilich völlig unterbesetzt sei.

Ulla Schmidt freute sich vor allem, dass ihrem Fahrer und dessen 15-jährigem Sohn bei dem Einbruch, als die Autoschlüssel gestohlen wurden, nichts passiert sei. Dafür erhielt sie von den wohl 300 Deutschen aus Els Poblets und Umgebung freundlichen Beifall, ebenso für ihren Dank an jene, "die mir freundlicherweise ein Auto angeboten haben, weil mein Wagen geklaut wurde". Dankesworte auch für den schönen Fächer, den ihr jemand geschenkt hatte und mit dem sie in der Hitze so gekonnt umging, als sei sie aus Berlin daran gewöhnt.

Ulla Schmidt macht fast jedes Jahr in Dénia Sommerurlaub und nutzt immer ein paar Tage zu Kontakten mit deutschen und spanischen Gesundheits- und Versicherungsexperten. Wenn ihr diesmal nicht der fast 100.000 Euro teure Mercedes 420 CDI abhanden gekommen wäre, hätte kein Hahn nach der Reise mit dem komfortablen Gefährt gekräht.

Nur, den Dienstwagen dabei zu haben, nur um einmal ins acht Kilometer von Dénia entfernte Els Poblets und ein weiteres Mal zur Bürgermeisterin von Dénia zu fahren, das finden auch jene Landsleute unangebracht, die Schmidts Einsatz für gerechte Behandlung von Kranken sowohl in Deutschland wie in Spanien zu schätzen wissen. Der HNO-Arzt Axel Haines aus Dénia meint: "Den Dienstwagen für diesen Termin mitzubringen finde ich übertrieben."

Die Gesundheitsministerin erntete Gelächter und Applaus, als sie die fatale Affäre mit den Worten kommentierte: "Es geht mir doch nicht anders als denjenigen von Ihnen, denen auch schon mal ein Auto gestohlen wurde." Dies alles trug die Ministerin im typischen Aachener Singsang vor. Und mit dem stereotyp fröhlichen Lächeln, das sie nie verliert, nahm sie das Publikum erkennbar für sich ein. Aufgeräumt folgten viele der Einladung von Schmidts Organisatoren zu einem Gläschen Cava, spanischem Sekt also, auf der Barterrasse gleich um die Ecke.

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