Abschied von Michael Ballack:Verschwunden im Kleingedruckten

Michael Ballack

Fast Weltmeister, aber nur fast: Michael Ballack.

(Foto: AFP)

Fast wäre Michael Ballack Weltmeister geworden. Das Abschiedsspiel, das er nun plant, ist kaum mehr als eine Randnotiz. Ballacks goldene Jahre sind nur verblichen in Erinnerung - er selbst hat durch die freudlose Gestaltung seiner letzten Profijahre den größten Anteil daran.

Ein Kommentar von Philipp Selldorf

Vor einer knappen Woche machte Torsten Frings in Toronto bekannt, dass er seine Karriere als Fußballer aus gesundheitlichen Gründen beenden müsse. Er hat ausgesagt, dieser Tag der Verkündung sei für ihn "ein emotionaler Tag", Augenzeugen berichteten jedoch, er habe, seiner brummigen Natur entsprechend, einen ziemlich gefassten Eindruck gemacht. Das Echo auf seine Abschiedserklärung war in Deutschland ziemlich bescheiden. Natürlich hätte die ARD übertrieben, wenn sie einen "Brennpunkt" unter dem Titel "Lutscher macht Schluss" ins Programm genommen hätte.

Aber ein bisschen wehmütig stimmte es schon, dass dieser verdiente Fußballer keine vier Jahre nach seinem letzten Länderspiel nur noch eine Randnotiz wert war. Dabei ist es doch erwiesen und allgemein bekannt, dass die deutsche Nationalelf 2006 Weltmeister geworden wäre, wenn Frings im Halbfinale gegen Italien hätte mitspielen dürfen. Stattdessen wurde er aber das Opfer einer internationalen Verschwörung, als ihn die Fifa wegen der Beteiligung an der Keilerei mit den Kollegen aus Argentinien sperrte.

Nun hat Frings immerhin ausreichend Zeit, um zum Abschiedsspiel von Michael Ballack zu erscheinen. Mutmaßlich wird diese Partie am 5. Juni in Leipzig ausgetragen, der Gastgeber hat noch keine Details bekanntgegeben. Doch so viel lässt sich bereits feststellen: Auch diese Nachricht, die der Sportinformationsdienst verbreitet hat, rangiert eher in der Rubrik Kleingedrucktes.

Ballacks goldene Jahre sind dem Publikum nur noch verblichen in Erinnerung, daran hat er durch die freudlose Gestaltung seiner letzten Profijahre selbst den größten Anteil. Als neulich in einer Diskussion über die Aussichten von Bastian Schweinsteiger von Ballack die Rede war, hat man ihn als Typus des gescheiterten Stars stilisiert. Achtung, Herr Schweinsteiger, hat es geheißen: Wenn Sie nicht aufpassen, dann enden sie wie Ballack. Traurig.

Nun aber zum Abschiedsspiel, das die Chance bietet, ein paar dieser verzerrten Erinnerungen geradezurücken. Bereits bekannt ist, dass Ballack in einem Team spielen wird, das seinen Namen trägt und Mitspieler aus 15 Jahren Profifußball vereint. Gegner ist eine Weltauswahl mit internationalen Stars, die seinen Weg kreuzten. Dass Joachim Löw den Anstoß zu dieser Partie ausführen wird, erscheint zurzeit noch unwahrscheinlich. Zuletzt fiel Ballack zur nervtötend zähen und rufschädigenden Kontroverse mit dem Bundestrainer nur ein Satz ein, der seine störrische Art der Kommunikation lautmalerisch unterstreicht: "Das Verhältnis hat sich dahin gehend entspannt, dass man relativ wenig Kontakt hat."

Ein Souvenirfoto, das Torsten Frings, Michael Ballack und Joachim Löw herzlich am Anstoßkreis vereint, das wäre ein Ereignis, das Fußball-Deutschland gern ins Andenken aufnehmen würde.

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