Springers Umsatz durch digitale Medien:Optimismus ist Pflicht

Axel Springer AG

Der Hauptsitz der Axel Springer AG in Berlin. 

(Foto: dpa)

"Das ist ein Wendepunkt": Erstmals in der Verlagsgeschichte macht Springer mit Internetangeboten den meisten Umsatz. Bei Zeitungen und Zeitschriften erwartet der Konzern weitere Schwierigkeiten. Teilweise ist die Lage dramatisch.

Von Caspar Busse, Berlin

Die Auflagen vieler Zeitungen und Zeitschriften sinken. Der Umsatz mit Printprodukten geht zurück. Druckereien bauen ab oder schließen wie am norddeutschen Prinovis-Standort Itzehoe. Die Frankfurter Rundschau ist in der Insolvenz, die Financial Times Deutschland eingestellt, und die Nachrichtenagentur dapd ist binnen weniger Monaten nun zum zweiten Mal pleite. Die Lage in der deutschen Medienbranche ist also andere als einfach.

Und doch ist für Mathias Döpfner, 50, Optimismus Pflicht. Der hochgewachsene Vorstandschef der Axel Springer AG glaubt an das Mediengeschäft. "Das vergangene Jahr hat so viel Spaß gemacht wie kein Geschäftsjahr zuvor", sagt Döpfner, der die Geschäfte bei Europas größtem Zeitungshaus nun schon seit mehr als elf Jahren führt. Er hat an diesem Mittwoch in Berlin ein neues, großes Ziel für den Konzern ausgegeben: "Wir wollen das führende digitale Medienunternehmen werden." Natürlich nicht weltweit, so größenwahnsinnig ist auch Döpfner nicht, aber in Deutschland und in seinem Markt. Dazu müsse sich nun auch die Kultur ändern. Der Wandel vollziehe sich in einem atemberaubenderen Tempo, als noch vor wenigen Jahren gedacht, sagt der studierte Musikwissenschaftler und fügt an: "Das frühere Randgeschäft wird das neue Kerngeschäft."

Döpfner, selbst mit drei Prozent am Unternehmen beteiligt, sieht sich auf diesem Weg bereits weit vorangekommen. Im vergangenen Geschäftsjahr machte der Verlag mit digitalen Medien erstmals den meisten Umsatz, der Bereich legte ein Plus von 22 Prozent vor: "Das ist ein Wendepunkt." Die Zeitungen, vor allem die Bild-Gruppe, die Welt-Titel, die Berliner Morgenpost, das Hamburger Abendblatt, liegen nun knapp dahinter, sie verloren drei Prozent Umsatz, erwirtschaften aber immer noch den meisten Gewinn für Springer.

Digitale Medien machten nun etwa 1,2 Milliarden Euro aus, verkündete Döpfner. Doch wie viele andere Medienhäuser erwirtschaftet auch Springer im Internet nur noch einen Bruchteil der Erlöse mit reinen journalistischen Angeboten im engeren Sinne. Wie hoch diese Zahl ist, wird nicht ausgerechnet. Nach Schätzungen aus dem Verlag machen die Internetseiten der verlegerischen Produkte wie Bild, Welt, Hörzu und anderen einen digitalen Umsatz von 200 Millionen Euro. Das ist wenig, auch wenn künftig immer mehr Angebote im Internet nur noch gegen Bezahlung abrufbar sein sollen. Welt Online habe den Anfang gemacht, die Ergebnisse seien "ermutigend". Jetzt soll Bild.de folgen und teilweise kostenpflichtig werden.

Entfernung vom Stammgeschäft

Der übrige, weit größere Teil des Digitalumsatzes von Springer entfällt dagegen auf andere Geschäfte: etwa das Preisvergleichsportal Idealo.de, die neu erworbene Einkaufsseite Kaufda oder die Fernsehproduktionsfirma Schwartzkopff-TV. 456 Millionen Euro erlöst allein die Tochterfirma Zanox. Werbekunden zahlen bei diesem Angebot nur, wenn die Werbeschaltung über die Plattform von Zanox erfolgreich ist, also Geschäfte getätigt wurden. Das ist im Internet leicht nachvollziehbar, Springer verdient dann mit - "Performance Marketing" heißt das bei Springer.

Auch bei Online-Rubrikenportalen sind die Berliner aktiv. Diese Anzeigen, etwa für Stellen, für Immobilien oder Autoverkäufe, sind in den vergangenen Jahren massiv von den Zeitungen ins Internet abgewandert. Springer ist hier zusammen mit dem Finanzinvestor General Atlantic aktiv und betreibt Angebote wie Seloger in Frankreich, Immonet.de oder Stepstone (Stellenanzeigen). Das ist hochprofitabel: Allein hier wurde bei einem Umsatz von 330 Millionen Euro 2012 ein operativer Gewinn von 136 Millionen Euro erzielt, rechnet Finanzvorstand Lothar Lanz vor.

Andere Medienunternehmen entfernen sich noch weiter vom Stammgeschäft: Der Burda-Konzern etwa expandiert stark in den Online-Handel, der Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 setzt auf Spiele. Döpfner will davon allerdings nichts wissen: Reine Handelsgeschäfte werde Springer nicht betreiben, sagt er. Allerdings interessiert er sich für die Scout-24-Gruppe, den Marktführer in Deutschland bei Online-Rubriken, bei Immobilien oder Autos. "Sollte das auf den Markt kommen, sind wir geradezu gezwungen, uns das anzuschauen", sagte Döpfner. Bisher gehört Scout-24 mit geschätzt 300 Millionen Euro Umsatz zur Deutschen Telekom. Die hat aber noch nicht entschieden, ob die Tochter überhaupt verkauft oder an die Börse gebracht wird. Als möglicher Verkaufspreis kursieren Zahlen zwischen einer Milliarde und 1,5 Milliarden Euro. Geld sei zwar da, aber Springer werde in keinem Fall überhöhte Preise zahlen, betont Döpfner. Man werde nicht wie andere Medienunternehmen "aus bloßer Eitelkeit überteuerte Trophäen jagen".

Bei Zeitungen und Zeitschriften erwartet der Konzern weitere Schwierigkeiten. "Wir machen das Printgeschäft wetterfest", sagt Finanzmann Lanz und meint damit vor allem Sparen. Pläne für einen Stellenabbau gebe es aber nicht. Die Entwicklung ist teilweise dramatisch: Die Auflage von Bild - nach wie vor größter einzelner Gewinnbringer - ging im vergangenen Jahr um 6,3 Prozent auf 2,66 Millionen täglich zurück. Bild am Sonntag verlor 9,3 Prozent, Computer-Bild 8,9 Prozent, die Berliner Boulevardzeitung B.Z. 8,6 Prozent, die Programmzeitschrift Hörzu 4,8 Prozent, Bild der Frau 5,1 Prozent. Auch in Ungarn, Serbien oder der tschechischen Republik sah es schlecht aus.

Trotzdem gibt es bei Springer zufriedene Gesichter: Die Bezüge der fünf Vorstände stiegen um 17 Prozent auf 19,9 Millionen Euro. Und jeder Mitarbeiter erhält für 2012 eine Erfolgsbeteiligung von 1200 Euro. Auch das sorgt für Zuversicht.

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