Alba und Bamberg in der Basketball-Euroleague:Kunst des letzten Treffers

Zum ersten Mal spielen zwei deutsche Basketball-Klubs im Top16-Turnier der Euroleague mit. Doch weder Bamberg noch Alba Berlin haben bislang ein Spiel gegen die internationale Konkurrenz gewonnen. Es fehlen Erfahrung, Selbstvertrauen - und Geld. Profiteur dieser Europa-Abenteuer ist in der Bundesliga der FC Bayern.

Von Jonas Beckenkamp

Wie es sich anfühlt, ein Spiel in der Euroleague zu gewinnen? Die Basketballer aus Berlin und Bamberg dürften sich nur schwerlich daran erinnern. Zu oft verloren Deutschlands Teilnehmer am elitären Top16-Wettbewerb in den vergangenen Wochen ihre Partien. Nur ein Sieg gelang beiden in insgesamt 20 Begegnungen - und den schaffte Alba im direkten Vergleich (82:63).

Es wäre also anzunehmen, dass die deutschen Klubs dem Niveau des europäischen Spitzenbasketballs nicht gewachsen sind, dass es schlichtweg nicht reicht gegen die finanzstarke Konkurrenz aus Madrid, Athen oder Moskau, doch so einfach ist es nicht. Die bittere Wahrheit versteckt sich wie so oft in den Zahlen.

Von den bisherigen Duellen mit den Gruppengegnern der Ausscheidungsrunde unterlagen Alba und Bamberg zusammen elf Mal mit sieben Punkten oder weniger. Das sind im Basketball nervtötende Kleinigkeiten. Beispiele gefällig? Vergangene Woche ärgerten sich die in der Bundesliga so dominanten Männer aus der fränkischen "Freak City" bei Real Madrid in allerletzter Sekunde. Ein Dreier der Spanier segelte drei Sekunden vor Ertönen der Schlusssirene durch die Reuse, Bamberg war geschlagen: Das 73:76 war das vierte hauchdünne Frusterlebnis in Serie.

Nicht viel besser erging es in dieser Woche den Berlinern: Gegen die stark besetzte Mannschaft von Anadolu Efes Istanbul lieferte Alba einen widerspenstigen Fight, ehe am Ende doch die Türken jubelten - die Partie endete 86:91. Wieder so ein enges Ding, wieder verloren. Mittlerweile sind Berlin und Bamberg längst ausgeschieden. "Wir haben super mitgehalten", sagte Alba-Center Yassin Idbihi konsterniert, "Efes ist eine Millionentruppe, die haben fünf Spieler, die auch in der NBA spielen könnten."

So geht es oft in dieser Europapokal-Spielzeit: Gut mitgehalten, Chancen auf den Sieg vergeben, aber zum Schluss freuen sich die anderen. Um Erklärungen für diese umfassende Unglücksreihe zu finden, muss man ein wenig ausholen. Erstmals im mittlerweile zwölfjährigen Bestehen der Euroleague haben sich in dieser Spielzeit zwei deutsche Klubs für die zweite Runde qualifiziert, die neuerdings als aufgeblähtes Top16-Turnier mit je zwei Achtergruppen daherkommt. Gemessen an den bisherigen Ergebnissen ist das eine feine Sache.

Der deutsche Basketball hat zwar aufgeholt, er verfügt über eine hochwertige eigene Liga und ansehnliche Arenen, doch im internationalen Vergleich reicht es noch nicht für ganz vorne. In der Euroleague tummeln sich Klubs wie der FC Barcelona, Panathinaikos Athen oder ZSKA Moskau, bei denen Gehälter über NBA-Niveau keine Seltenheit sind. In vielen knappen Basketballkrimis sind es Leute wie Moskaus Aufbauspieler Milos Teodosic oder Barça-Veteran Juan Carlos Navarro, die mit ihrer Abgezockheit entscheidende Würfe verwandeln.

Ausgeruhte Bayern, müde Gegner

Aber was bedeutet das, abgezockt? Im Grunde geht es um Qualität. Viele Punkte erzielen können im Basketball viele, die wahre Kunst ist jedoch, den letzten Treffer zu setzen. Erfahrung, Mut, Können, Selbstvertrauen - Fähigkeiten, die die deutschen Vereine vermissen lassen. Geht es nach Alba-Coach Sasa Obradovic, fehlt noch etwas anderes: "Einige Millionen Euro", sagte der früherer Weltklasse-Regisseur dem Berliner Tagesspiegel.

Istanbuls Jordan Farmar, der einst mit Kobe Bryant bei den Lakers zusammenspielte und am Mittwoch Alba Berlin mit einem wilden Dreier erledigte, verdient angeblich 1,9 Millionen Euro pro Jahr - weit mehr als viele Profis in Amerika. Von solchen Honoraren können BBL-Klubs nur träumen. Der Gesamt-Etat der Brose Baskets soll knapp unter zehn Millionen liegen, ähnlich verhält es sich in der Hauptstadt. Die Qualitäten, die Dirk Nowitzki einmal mit dem schönen Wort "abgewichst" beschrieb, kosten eben Geld. Dabei hätte Bamberg zwei Akteure, die es eigentlich drauf haben, Spiele zu entscheiden: Anton Gavel und Bostjan Nachbar.

Doch beide plagen derzeit die hohen physischen Qualen, sie sind müde von den vielen Spielen im Europapokal und in der Liga, Nachbar war zuletzt krank. "Gavel steht bei uns oft weit über 30 Minuten auf dem Feld", erklärt Bambergs Manager Wolfgang Heyder, "das ist schon eine extreme Belastung, auch mental ist es schwierig, sich immer wieder zu motivieren."

Hinzu kommt, dass die Bamberger nach einem größeren Umbruch neue Spieler integrieren müssen (Massey, Walsh, zuletzt Renfroe). "Bei uns hat eben das ein oder andere Rädchen bisher nicht zusammengepasst. Deswegen sind wir nicht so eingespielt und konstant", klagt Heyder.

Von solchen Sorgen profitiert derzeit ein anderer Verein: der FC Bayern. In der BBL und im Pokal besiegten die plötzlich erstarkten Münchner sowohl Berlin als auch Bamberg. Die Mannschaft von Svetislav Pesic wirkte in jedem der Duelle ausgeruhter, wacher und entschlossener.

"Es ist schon Wahnsinn, wie Bamberg und Berlin jede Woche durch Europa hetzen müssen", erkannte Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der sich mit seinem Klub vor dieser Saison bewusst gegen eine mögliche Teilnahme am Europapokal entschied. So können sich die Münchner ganz auf die Meisterschaft konzentrieren. 13 Erfolge in den vergangenen 15 Partien bestätigen sie nun.

"Trotzdem", sagt Heyder, "bedauern wir es nicht, international dabei zu sein. Wir wollen uns etablieren und an unserer Grenzen gehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass der deutsche Basketball sich der Spitze angenähert hat. Wir werden in Zukunft auch Spiele gewinnen." Das klingt zumindest etwas positiver als es zuletzt die Ergebnisse verrieten.

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