Umweltaktivist Felix Finkbeiner:Der Felix, der mit dem Bäumepflanzen anfing

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Der junge Umweltschützer Felix Finkbeiner neben dem Bäumchen, das er zum Start von "Plant for the Planet" 2007 gepflanzt hat - mit seiner aktuellen Streitschrift. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bäume pflanzen ist cool: Mit neun Jahren startete Felix Finkbeiner die Umweltschutzaktion "Plant for the Planet". Er spornte Kinder auf der ganzen Welt an, traf Friedensnobelpreisträger und wurde zum gefragten Redner. Politiker werden will er aber nicht.

Von Blanche Mamer

Für einen 15-Jährigen, der bereits mit Friedensnobelpreisträger wie Kofi Annan und Al Gore gesprochen hat, wirkt Felix Finkbeiner erstaunlich normal. Für seine Freunde ist er Felix. Einfach nur Felix, der gerne Fußball spielt, ein Fan von Thomas Müller ist, gerne snowboarded, mit dem Mountain Bike durch die Gegend kurvt und in der Schule gar nicht so schlecht ist.

Für die Kinder von " Plant for the Planet" ist er der Felix, der mit dem Bäumepflanzen anfing. Und für die Erwachsenen, die sich für Umweltfragen interessieren, ist er Felix Finkbeiner, der schon mit neun Jahren eine Umweltschutzinitiative gründete und bei der UN-Vollversammlung in New York sprechen durfte.

Nun hält er am Sonntag die Kanzelrede in der Erlöserkirche in München, was bisher hauptsächlich Politiker wie Joachim Gauck, Charlotte Knobloch oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger durften.

Dem 15-Jährigen mit der Denkerbrille traut man visionäre Thesen zu

"Ich werde alle Fragen ansprechen, die uns Kinder und Jugendliche beschäftigen und die weit über das Bäumepflanzen hinausgehen", sagt der 15-Jährige aus dem oberbayerischen Dorf Pähl. Ein wenig aufgeregt ist er schon, es wird die längste Rede, die er je gehalten hat. 45 Minuten.

Die Rede ist fertig: "Alles würde gut - wie Kinder die Welt verändern können", lautet der Titel. Durch die Vorbereitung haben in der vergangenen Woche die Hausaufgaben ein wenig gelitten, sagt er, klappt sein Notebook zu und fläzt sich in seinen Stuhl.

Nö, Probleme in der Schule habe er nicht, es laufe ganz gut. Was er später vorhat, weiß er noch nicht, Politiker wolle er nicht werden, sagt er jedenfalls und isst nebenbei ganz schön viel von der "guten Schokolade", die "fair und klimaneutral" hergestellt, von "Plant for the Planet" vertrieben wird. "Eine Tafel kostet einen Euro, 20 Cent gehen an die Organisation, und mit fünf verkauften Tafeln können wir einen Baum kaufen", sagt er, verstrubbelt sich die Haare und ist gleich mitten drin im Thema. "Die Kinder der Kakaobauern sollen zur Schule gehen statt für uns Kakaobohnen zu pflücken. Damit ist unsere Schokolade eine richtige Kinderschokolade. Wir Kinder haben jedenfalls viel über Schokolade gelernt. Wie zum Beispiel, dass die Produktion von 100 Gramm Schoko 300 Gramm CO2 verursacht."

Wer ist dieser Jugendliche, den die Evangelische Akademie in Tutzing zur Kanzelrede eingeladen hat, dem die Vordenker in gesellschaftspolitischen Fragen zutrauen, visionäre Thesen zu vertreten? Mit seiner Denkerbrille erfüllt Felix Finkbeiner optisch die Voraussetzungen eines Nerds. Solange man die positiven Attribute sieht, stimmt das sogar, will er doch den Themen, die ihn interessieren, auf den Grund gehen.

Seine Art, immer die richtigen Zahlen parat zu haben, kann nerven. Der junge Mann wirkt gelassen und lacht, wenn man fragt, wie es sich anfühlt, berühmt zu sein. Er hat Fans, aber auch Neider. In Blogs wird er als Marionette seines Vaters bezeichnet. Sein Vater Frithjof Finkbeiner ist einer der Begründer der Global Marshall Plan Initiative. Felix Finkbeiner sagt: "Wenn ich das nicht machen wollte, hätte ich längst aufgehört."

Seine Initiative "Plant for the Planet" hat sich aus einem Referat über Klimaveränderung entwickelt. Seine Lehrerin an der Munich International School in Starnberg-Buchhof hatte im warmen Winter 2006 die Aufgabe gestellt, Informationen über die Folgen des Klimawandels zu sammeln. "Ich bin im Internet auf die Friedensnobelpreisträgerin Wangarii Maathai gestoßen, die in Afrika die ,Eine Milliarde Bäume'-Kampagne organisiert hat. Ich fand, da müssten wir Schüler es doch schaffen, eine Million Bäume zu pflanzen", sagte der Neunjährige damals in seinem ersten Interview tapfer, doch mit fragendem Nachklang.

Ein Zieräpfel-Bäumchen wurde zum Zeichen

Im März 2007 pflanzte er zusammen mit seiner Schwester Franziska und einigen Jugendlichen im Park der Schule ein Zierapfel-Bäumchen. Mit diesem Symbol-Baum hat er ein Zeichen gesetzt, dem mittlerweile Tausende von Kindern in 193 Ländern gefolgt sind. "Nö, das hat keiner von uns gedacht", sagt er und lacht. "Wenn wir das geahnt hätten, wäre ich nicht so knickerig gewesen und hätte einen schöneren Baum finanziert", sagt sein Vater.

Er betont, nicht er habe die Aktion damals angestoßen, wie ihm immer wieder vorgeworfen wird. Doch er hat seinen Sohn immer unterstützt, ihn zu seinen Vorträgen nach China, Afrika und Amerika begleitet.

Bis zu 20 Tage im Jahr durfte Felix sich für seine Reisen vom Unterricht befreien lassen. Jetzt ist er in der 10. Klasse und nicht mehr so viel unterwegs. Und auch das ist für ihn in Ordnung. Es dürfen jetzt wieder die Familienferien in einer Hütte am Staffelsee sein. Er hat schon einiges gesehen, etwa auf der Afrika-Tour vor zwei Jahren, als er als Klimabotschafter den Kilimandscharo bestiegen hat.

Die Baumpflanzaktion sprach sich 2007 schnell an anderen Schulen herum und wurde ein Selbstläufer, nach einem Jahr hatten deutsche Schüler bereits 123.000 Bäume gepflanzt, im Mai 2010 war das Ziel von einer Million Bäumen erreicht.

Bäume: In diesem Thema ist er jetzt Spezialist. Wichtig bei den Kakao-Plantagen sei, dass die Bauern Mahagoni-Bäume zwischen die Kakao-Bäume pflanzen. Das wertvolle Holz verhelfe ihnen zu einem Zusatzverdienst und die Bäume speichern Kohlendioxid. Es folgt der Rettungsplan des 15-Jährigen für eine saubere Zukunft.

"Wir Kinder und Jugendliche haben uns oft beraten und haben vor, bis 2020 tausend Milliarden Bäume zu pflanzen. Da gibt es so eine phantastische Maschine, die CO2 spaltet, in Sauerstoff umwandelt, den Kohlenstoff speichert und daraus sogar noch Zucker herstellt. Diese wunderbare Maschine heißt Baum", sagt er. Und ja, in den vergangenen sechs Jahren sind weltweit 12,6 Milliarden Bäume gepflanzt worden, von Kindern und von Erwachsenen.

Die Erwachsenen von morgen werden hoffentlich "nicht so doof"

"Die Erwachsenen wissen, dass ihre Autos viel zu viel Sprit verbrauchen, und trotzdem sind allein in Deutschland 15 Prozent der Neuzulassungen SUVs." Er hofft, dass die Kinder später "nicht so doof" sein werden. Und schließlich soll Klimagerechtigkeit dazu beitragen, die Armut zu bekämpfen. Seine Gedanken hat er schon dem Europäischen Parlament und bei Klimakonferenzen vorgetragen, ebenso bei Reden in China, Korea, Afrika und Lateinamerika, und eben vor der UN-Vollversammlung.

Er hat Friedensnobelpreisträger wie Kofi Annan, Al Gore und sein Vorbild Wangari Maathai getroffen. Mittlerweile gibt es mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche überall in der Welt, die seine Botschaft weitertragen. Über Video-Konferenzen beraten die Ländervertreter über neue Aktionen. Immer noch läuft die erfolgreiche Kampagne "stop talking, start planting". Im Büro der Organisation in Tutzing laufen die Fäden zusammen, 17 junge Mitarbeiter koordinieren die Arbeit.

"Seit ich nicht mehr Präsident bin, reise ich nicht mehr so viel. Eigentlich kümmere ich mich hauptsächlich um Bayern. Ich habe also mehr Zeit." Dabei gefällt ihm besonders, dass nun beim Public-Viewing im Dorfzentrum dabei sein kann, wenn der berühmteste Pähler, Thomas Müller, ein Länderspiel hat. Wenn Müller ein Tor schießt, kann Felix seine Sorgen über die Zukunft und die globalen Herausforderungen für einen Moment vergessen.

© SZ vom 09.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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