Neue Partei stellt sich in Berlin vor:Nicht rechts, nicht links - aber auch nicht in der Mitte

Dagmar Metzger, Bernd Lucke und Frauke Petry auf der Pressekonferenz in Berlin.

Dagmar Metzger, Bernd Lucke und Frauke Petry auf der Pressekonferenz der AfD in Berlin.

(Foto: Reuters)

Die neue rechtspopulistische Partei "Alternative für Deutschland" will auf gar keinen Fall in die braune Schmuddel-Schublade gesteckt werden. Das kommt etwas spät. Nun tun die Euro-Gegner wenig dafür, dass sie da wieder rauskommen.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Wurde wohl auch Zeit, dass Bernd Lucke endlich aufschlägt. Zugverspätung. Eine halbe Stunde. Eine halbe Stunde zu viel, wie seine beiden Mitstreiterinnen Dagmar Metzger und Frauke Petry bis dahin gezeigt haben.

Sie sind im Haus der Bundespressekonferenz, um ihre neue Partei vorzustellen. Die "Alternative für Deutschland", oder kurz "AfD", was ein bisschen nach Fahrradclub klingt, aber ganz so harmlos dann wohl doch nicht ist. Gegründet vergangene Woche in Oberursel. Mitte April soll in Berlin der erste Bundesparteitag stattfinden.

Die PR-Fachfrau Dagmar Metzger und die Chemikerin Frauke Petry setzen sich rechts und links von dem freien Stuhl in der Mitte, auf dem später Bernd Lucke Platz nehmen wird. Sorry: Professor Doktor Bernd Lucke natürlich, Makroökonom an der Universität Hamburg und erklärter Euro-Gegner. Also keiner von denen, die den gegenwärtigen Euro-Rettungskurs nur schwierig finden. Er findet, der Euro sollte ganz weg. Zurück zur nationalen Währung innerhalb von vier bis fünf Jahren - das ist sein Plan, darum will er mit seiner Partei in den Bundestag.

Raus aus dem Euro, das will die NPD auch. Aber deswegen ist die AfD ja wohl noch lange nicht rechtspopulistisch. Frauke Petry spricht von Schubladen, in die sich die AfD nicht rein pressen lassen wolle. "Wir haben es gar nicht nötig, am rechten oder linken Rand zu fischen", sagt sie. Die AfD repräsentiere nämlich eine "breite Bevölkerungsmehrheit". Aus allen Parteien würde neue Mitglieder zum AfD hinzuströmen. Dagmar Metzger spricht von "30, 40, 50 Anrufen am Tag", die sie entgegennähme. Auch am Wochenende. "Also 70, 80 Anrufe." Mit Zahlen scheinen es die von der AfD nicht so zu haben.

Immerhin, Stefan Milkereit sitzt jetzt nicht mehr im Bundesvorstand der jungen Partei. Der hatte auf Twitter geschrieben, das "Multi-Kulti-Gen" führe zu "Mutationen und damit zu Krankheiten, die vorher bei Reinrassigkeit nicht vorhanden waren". Das sei "wissenschaftlich erwiesen". Der Mann sei zurückgetreten, bestätigt Frauke Petry schmallippig.

Ansonsten aber verfestigt sich der Eindruck, der AfD sei herzlich egal, wer sie wo unterstützt. Von ganz rechts unterwandert werden, das wollen sie aber nicht, sagen sie. Angeblich interessieren sie sich nun für die Gesinnung neuer Mitglieder.

Ablehnung von "political corrrectness"

Aber wenn der AfD-Unterstützer und Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider auf Einladung der NPD spricht? Wenn Vormann Bernd Lucke und andere Gründungsmitglieder und Unterstützer sich gerne im hart rechten Blatt Junge Freiheit wiederfinden? Alles völlig unproblematisch. "Herr Professor Schachtschneider unterstützt unsere Ziele", sagt Petry. Sie wolle ihn nicht dafür haftbar machen, bei wem er Vorträge halte.

Und die Zusammenarbeit mit der Jungen Freiheit? Petry sagt es mal so: Sie halte es für einigermaßen "selektiv", sich jetzt ein einzelnes Blatt herauszupicken.

Selektiv dürfte demnach auch die Wahrnehmung sein, dass sich die AfD in ihrem dreiseitigen (!) Entwurf für ein Wahlprogramm unter dem Stichwort "Demokratie" der Sprache von ganz rechts bedient: "Wir lehnen die Gängelung der öffentlichen Meinung unter dem Deckmantel der so genannten 'political correctness' ab." Ein Satz, der in Rechtsaußen-Kreisen sofort unterschieben werden könnte.

Petry kommt langsam etwas durcheinander: "Wir können ja nicht die Mitte besetzen", sagt sie einerseits. "Aber wir sind nicht links und wir sind nicht rechts." Also doch Mitte, oder was? "Wir stehen auf dem Boden des Grundgesetzes." Immerhin.

Lucke kommt. Für Metzger und Petry eine Erlösung. Lucke klappt seinen Rechner auf und redet über den Euro, einen Nord- und einen Süd-Euro, und wie der Ausstieg aus dem Euro klappen kann. Und warum es mit den Freien Wählern nicht so gut geklappt hat, deren Landtagskandidat er ja zur Niedersachsenwahl war.

Das Verhältnis zu der Partei scheint aber nicht zerrüttet zu sein. Dagmar Metzger hatte angekündigt, die AfD verzichte sogar zugunsten der Freien Wähler darauf, zu den Landtagswahlen in Bayern anzutreten. Lucke wird gefragt, wie es denn dazu gekommen sei.

Lucke weiß von nichts. "Das ist nicht der Fall", sagt er. Metzger ist überrascht: "Das war mein Stand bisher", sagt sie. Das habe sie aus den Gesprächen so herausgehört. Lucke hat davon offenbar nichts gehört. So etwas entscheide der Vorstand und der habe sich damit noch gar nicht befasst. Raus aus dem Euro scheint bisher das einzige zu sein, in dem sich wirklich alle Beteiligten einig sind.

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