Minijobs:Stigma am Arbeitsmarkt

Kein bezahlter Urlaub, kein Lohn im Krankheitsfall und keine Brücke in reguläre Anstellungen: Minijobs haben die ihn sie gesetzte Hoffnung nicht erfüllt. Doch die Bundesregierung ignoriert die Fakten und erhöht stattdessen die steuerfreie Verdienstgrenze.

Ein Kommentar von Thomas Öchsner

Die Fakten sind glasklar: Viele Arbeitgeber gewähren Minijobbern keinen bezahlten Urlaub und überweisen keinen Lohn im Krankheitsfall. Die Mehrheit der Frauen, die nur auf 450-Euro-Basis beschäftigt sind, schafft nicht den Sprung auf eine Teilzeit- oder Vollzeitstelle. Schwarzarbeit ist bei Minijobs gang und gäbe.

Das sagen die Beschäftigten und zum Teil sogar ihre Chefs selbst, wie zwei neue Studien zeigen. Doch von der Familien- und der Arbeitsministerin abgesehen, tut die Bundesregierung so, als ob es keinen Gesetzesbruch und keine falschen Anreize gäbe.

Zehn Jahre nach der Reform der Minijobs lässt sich nun endgültig sagen: Die damaligen Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Minijobs mögen in Privathaushalten Schwarzarbeit eingedämmt haben. In der Wirtschaft sind sie allerdings häufig eine Tarnkappe, um Bezahlung in bar zu verbergen.

Für Frauen, die allein auf sich gestellt sind, führt geringfügige Beschäftigung direkt in die Altersarmut. Und noch schlimmer: Ein längerer Minijob wird zum Stigma, der die Chance auf eine reguläre Stelle verschlechtert statt verbessert.

Eine Ahnung muss die Regierung davon gehabt haben. Im Koalitionsvertrag steht, man wolle "die Brückenfunktion von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Stellen stärken". Stattdessen haben Union und FDP die falschen Privilegien ausgebaut: Die steuerfreie Verdienstgrenze wurde auf 450 Euro erhöht.

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