Ermittlungen gegen Ex-Bundespräsidenten:Wulff fordert völlige Einstellung des Verfahrens

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Fordert die Einstellung des Verfahrens: Ex-Bundespräsident Christian Wulff. (Foto: dpa)

Von den ursprünglichen Vorwürfen gegen Wulff ist trotz umfangreicher Ermittlungen fast nichts mehr geblieben: Von 21 Spuren haben 20 nichts ergeben. Das frühere Staatsoberhaupt hält deshalb auch die Zahlung einer Geldauflage für ungerechtfertigt - und fordert die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ohne Auflagen.

Von Hans Leyendecker und Ralf Wiegand

Die Anwälte des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff und der Anwalt des Filmmanagers David Groenewold haben von der Staatsanwaltschaft Hannover die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ohne Auflagen gefordert. Entsprechende Schriftsätze der Verteidigung sollen am Freitag den Strafverfolgern in Hannover zugestellt worden sein.

Mitte vorigen Monats hatte die Staatsanwaltschaft den beiden Beschuldigten mitgeteilt, vorbehaltlich einer gerichtlichen Zustimmung sei die Anklagebehörde bereit, das seit mehr als einem Jahr laufende Verfahren, das erst im März auf die Vorwürfe Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung hochgestuft worden war, nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung gegen Zahlung von Geldauflagen einzustellen. Wulff solle 20 000 Euro zahlen, Groenewold 30 000 Euro. Bei einer Ablehnung dieses Angebots, so teilte die Strafverfolgungsbehörde demnach mit, werde sie "relativ schnell" Anklage erheben.

Groenewold will im Notfall für Freispruch kämpfen

Mit den neuen Stellungnahmen der Verteidigung ist das Angebot der Ermittler zwar nicht vollständig vom Tisch, aber die stille Erledigung des Falles ist noch unwahrscheinlicher geworden als zuvor. Bereits seit einer Weile zeichnete sich ab, dass Groenewold eine Einstellung mit Auflagen nicht akzeptieren und im Notfall vor einem Gericht für einen Freispruch kämpfen will. Der frühere Bundespräsident soll in dieser Frage eher schwankend sein. Seine Anwälte wollen am 8. April noch einmal ein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft führen.

Falls die Strafverfolger den Vorwurf nicht auf Vorteilsannahme herunterstufen und die Geldauflage nicht deutlich reduzieren, gilt es als wahrscheinlich, dass am Ende auch Wulff das Angebot ablehnen wird. Er hält eine Einstellung mit Auflagen schon jetzt nicht für gerechtfertigt. Andererseits wird nicht erwartet, dass die Staatsanwaltschaft von ihrem Vorschlag abrücken wird.

Von 21 Spuren haben sich 20 erledigt

Der Fall Wulff gehört zu den seltenen Fällen, bei denen es ungewiss ist, ob eine Kammer eine Anklage zulassen wird oder nicht. Von den Vorwürfen gegen Wulff und Groenewold ist in einem ungewöhnlich umfangreichen Verfahren am Ende kaum etwas übrig geblieben. 21 Spuren gingen die Ermittler mit übergroßem Eifer nach und 20 Spuren haben sich erledigt. Von den wesentlichen Verdachtspunkten ist nichts übrig geblieben. Am Ende geht es nur noch um die Frage, ob Groenewold mit Wissen Wulffs anlässlich eines Besuchs des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff auf dem Oktoberfest 2008 in München Teile einer Hotelrechnung übernommen hat. Es geht um eine Summe zwischen 400 und 770 Euro.

Angeblich im Gegenzug soll Wulff Monate später für ein von Groenewold favorisiertes Filmprojekt eine Art Bittbrief an den Siemens-Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher geschrieben haben. Die Anwälte beider Beschuldigten bestreiten in Schriftsätzen den Vorwurf einer angeblichen Unrechtsvereinbarung.

© SZ vom 06.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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