Stilkritik zu Jürgen Klopps neuer Frisur:Er hat die Haare schön

Jürgen Klopp

Vorher - nachher: Jürgen Klopp hat die Haare schön.

(Foto: dpa)

Es ist ein kleiner Schnitt für den BVB-Trainer - und ein großer für die Männerwelt. Jürgen Klopp hat ohne Umschweife zugegeben, was ohnehin für jeden ersichtlich war: Dass er sich die Haare machen ließ. An so viel Größe sollten sich Männer wie Frauen ein Beispiel nehmen. Eine Stilkritik.

Von Violetta Simon

Die Zeit des Rüberkämmens ist vorbei: Jürgen Klopp, Trainer von Borussia Dortmund, hat sich seine Geheimratsecken mit Eigenhaar auffüllen lassen. Und das Schönste daran: Der 45-Jährige hat gar nicht erst versucht, seine künstliche Frisur als echt zu verkaufen.

Auf seine neue Haarpracht angesprochen, antwortete Klopp lässig: "Ja, es stimmt, ich habe mich einer Haartransplantation unterzogen." Und die Öffentlichkeit war - nein, nicht schockiert. Wenn überhaupt, dann eher beeindruckt. Und ging wieder zur Tagesordnung über.

An dem Transfer von der Reserve in die Ecken ist vor allem eines außergewöhnlich: Ein Fußballtrainer spricht offen über eine operative Verschönerungsmaßnahme - und das in einem Umfeld, das geprägt ist von grölenden Fans, Männlichkeitswahn und Homophobie. Wo Kerle auf den Rasen spucken, wenn sie Emotionen überkommen oder sich das Trikot über den Kopf ziehen. Wo liebevoller Körperkontakt untereinander so aussieht, dass sich die Spieler gegenseitig abklopfen oder vor Begeisterung über den Haufen rennen.

Nicht, dass Eitelkeit im Fußball kein Thema wäre, im Gegenteil. Gerade durch seine Frisur versucht so mancher Kicker, sich aus dem Meer einheitlicher Trikots optisch abzuheben. Bezeichnenderweise wird der Song "Du hast die Haare schön" nirgends so begeistert geschmettert wie auf den Rängen deutscher Fußballstadien.

Als Vorreiter in Sachen Föhnfrisur galt Rudi Völler, der sich mit seiner Minipli-verstärkten Vokuhila-Matte den Spitznamen "Tante Käthe" einhandelte. Mittlerweile hat sich ein wahrer Frisuren-Wettstreit auf dem Rasen entwickelt: Gomez gelt, Balotelli färbt und Dante trägt Afro - wenn er ihn nicht gerade einer Wette opfert. Sogar weiblich anmutende Haarbänder, allerdings - wie etwa von Jaroslav Plašil - betont lässig über die Frisur gestülpt, sind angesagt.

Der Rest ist für den Rasierer

Doch bei all dieser haarigen Eitelkeit wurde stets nur in Form gebracht, was die Natur freiwillig hergab. Spielern wie Arjen Robben und Mehmet Scholl blieb nichts anderes übrig, als Platte zu bekennen - und den Rest dem Rasierer zu opfern.

Und dann, im Sommer 2011, die Wende: Der englische Fußballnationalspieler Wayne Rooney lässt sich eine Kurzhaarmatte in die Kopfhaut einpflanzen. Und verkündet den Eingriff per Twitter. "Ich drohte, mit 25 kahl zu werden. Warum nicht?", schrieb der Manchester-United-Star.

Auch Klopp hat nun bestätigt, was ohnehin nicht abzustreiten ist. Und das mit einer entwaffnenden Offenheit: "Ich finde, das Ergebnis ist ganz cool geworden, oder?" Da kann man einfach nicht anders. Da muss man sich mitfreuen!

Und man stellt sich vor, wie wohltuend es wäre, wenn Nicole Kidman ihre Botoxmaske zu einem schiefen Lächeln verzieht und ins Mikro haucht: "Ja, komme gerade frisch aus der Klinik, hat mich `ne Stange Geld gekostet." Vielleicht würde der Zusatz "Ist ganz cool geworden, oder?" ein wenig befremdlich wirken, aber immerhin könnte man endlich verstehen, warum ihre Miene immer so eingefroren wirkt.

Ach, würde doch Silvio Berlusconi so viel Größe besitzen und die Öffentlichkeit endlich aufklären, was er mit seinem Kopf angestellt hat. Dann müsste man nicht darüber spekulieren, ob er jeden Morgen Marderhärchen mit Sprühkleber aufträgt. Oder ob er Farbdose und Schablone zuhilfe nimmt.

Männer wie Jürgen Klopp haben vielleicht nicht den Mut, zu ihrer Glatze zu stehen. Aber immerhin den Mut, das zuzugeben. Lasst uns also für Kloppi gemeinsam singen: "Du hast die Haare schön!" Das ist schließlich die Hauptsache - auch wenn einige von ihnen aus anderen Körperregionen versetzt wurden. Woher genau die Neuzugänge kommen, darf er dann auch gerne für sich behalten.

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