Starnberg:Auf dem Weg zu einem fahrradfreundlichen Landkreis

Eine Jury fährt durch das Fünfseenland und vergibt am Ende ein Zertifikat - oder auch nicht

Christiane Bracht

Radfahrer im Fünfseenland

Radfahrer im Fünfseenland Starnberg Radfahrer im Würmtal

(Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)

Der Landkreis Starnberg hofft, ein Zertifikat als fahrradfreundliche Kommune zu bekommen. Beim bundesweiten Ranking des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Ende vergangenen Jahres bekam die Stadt Starnberg allerdings keine guten Noten. Die Radler hatten so viel zu bemängeln, dass die Kreisstadt auf einen der letzten Plätze verwiesen wurde. Gilchinger und Weßlinger schienen zufriedener mit ihren Gemeinden. Sie votierten so, dass ihre Kommunen im Mittelfeld landeten. Wie es nun um das Fünfseenland insgesamt bestellt ist, prüfen jetzt nicht mehr die Radler selbst, sondern Landtagsabgeordnete, Polizei, Oberste Baubehörde, ADFC, Verkehrswacht und Vertreter der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommune (AGFK). Dazu unternimmt die Jury am Montag eine Radtour durch den Landkreis.

Vorgeführt werden den Prüfern wohl zuerst die Highlights wie die einheitliche Beschilderung der Wege, der provisorische Radweg an der Baustelle Maxhof-Kreisel und das Projekt Leihräder im Kraillinger Gewerbegebiet. Schließlich hat der Landkreis manches in Angriff genommen, um fahrradfreundlich zu werden. Allerdings sehen ADFC, viele Stadtradler und die Arbeitsgemeinschaft Radverkehr auch die Schwachpunkte im Landkreis. So hat die neue Umfahrung Ober-/Unterbrunn keinen Radweg, und auch bei den geplanten Umfahrungen in Gilching und Weßling spielen Radler allenfalls eine sehr untergeordnete Rolle. Alltagsradler müssten ohne große Umwege oder gar Unterbrechungen auf direktem Weg an den Verkehrsachsen vorbeigeführt werden. So sei etwa die Via Julia vom Germansberg ins Fünfseenland eine wichtige Radverkehrsverbindung, die nicht durchschnitten werden sollte, fordert der ADFC-Kreisverband Starnberg. Ein Umweg von 300 Metern ist für Autofahrer kein Problem, doch Radler meiden ihn, erklärt der Vorsitzende Anton Maier. Bei der Zertifizierungsprüfung will er das Problem ansprechen.

Die Arbeitsgemeinschaft Radverkehr, der engagierte Stadtradler und ADFCler angehören, fürchtet, dass die Zertifizierung zu früh kommt. Erst im vergangenen Frühjahr hat der Landkreis beschlossen, eine fahrradfreundliche Kommune zu werden. Vier Jahre hätte er Zeit, manches auf den Weg zu bringen und ein Zertifikat zu erwerben, doch nun kommt die Kommission schon nach einem Jahr. Sollte die Jury am Montag die gewünschte Urkunde ausstellen, könnten die politisch Verantwortlichen sich möglicherweise darauf ausruhen und bei Debatten einfach das Siegel hochhalten. Diese Sorge treibt die Arbeitsgemeinschaft Radverkehr um. Ohne Zertifikat müsste sich der Landkreis dagegen weiterhin anstrengen, sagen sie. Und die Radler haben noch so manch einen Wunsch offen, versichert Gerhard Sailer aus Weßling. Er ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft.

Der ADFC-Kreisvorsitzende Anton Maier teilt diese Angst nicht: "Der Radverkehr bleibt öffentlichkeitswirksam", sagt er. Dass mehrere Jahre nichts mehr passiere, wie es in der Vergangenheit war, könnten sich die Bürgermeister gar nicht mehr leisten. Dafür sei die Entwicklung zu weit fortgeschritten. Und die Zahl der Radler im Landkreis ist groß. Seit der Aktion Stadtradeln sind sie auch präsenter geworden und haben schon manch eine Änderung bewirkt. So hat die Gemeinde Weßling etwa auf Wunsch der Aktiven den Weg zwischen Weßling und dem DLR teeren lassen. Auch auf dem Weg von Andechs zum Ammersee wurden zahlreiche Gefahrenstellen beseitigt, zwischen Feldafing und Traubing sowie zwischen Inning und Buch gibt es nun einen neuen Radweg, zudem wurden einige Schilder aufgestellt. Teurere Maßnahmen stehen allerdings noch aus. Maier fürchtet allerdings, dass die Kommunalwahl im kommenden Jahr eine Zäsur bedeuten könnte. Was bis dahin nicht beschlossen ist, werde vermutlich auf die lange Bank geschoben, prophezeit er.

Grund dafür, dass die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) das Fünfseenland bereits jetzt prüft, liegt laut Maier darin, dass sie so viele Kommunen in den kommenden vier Jahr testen muss. Es haben sich sehr viele beworben.

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