Doktortitel gegen Geld:Verspieltes Ansehen

Die Wissenschaftswelt rätselt: Welche Universitäten sind in den Skandal um gekaufte Doktortitel verwickelt? Offenbar sind auch bayerische Professoren im Visier der Staatsanwaltschaft.

C. Burtscheidt

In den illegalen Handel mit Doktortiteln sind möglicherweise auch bayerische Professoren verwickelt. Auf der Liste der Kölner Fahnder sollen die Universitäten Bayreuth und Ingolstadt stehen; in dem Fall müsste es sich um die Ingolstädter Dependance der katholischen Stiftungs-Universität Eichstätt handeln, denn nur Universitäten haben das Promotionsrecht. Die Kölner Staatsanwaltschaft will die Namen gegenwärtig weder bestätigen noch dementieren. Diese beiden Hochschulen listet allerdings der Focus auf, ebenso wie Berlin, Bielefeld, Frankfurt oder Hamburg. Dem Magazin liegen offenbar Auszüge der Personalkartei des "Instituts für Wissenschaftsberatung" in Bergisch Gladbach vor, das im großen Stil gegen Geld Doktorväter vermittelt haben soll. Landtagsopposition und Staatsregierung fordern eine "rückhaltlose Aufklärung".

Doktortitel gegen Geld: Begehrter Doktorhut: Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt zurzeit bundesweit gegen 100 Professoren wegen Verdachts der Bestechlichkeit.

Begehrter Doktorhut: Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt zurzeit bundesweit gegen 100 Professoren wegen Verdachts der Bestechlichkeit.

(Foto: Foto: iStock)

Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt zurzeit bundesweit gegen 100 Professoren wegen Verdachts der Bestechlichkeit. Es soll sich überwiegend um Privatdozenten und außerplanmäßige Professoren handeln. Sie sollen Promotionskandidaten von dem Institut in Bergisch Gladbach übermittelt bekommen und dafür Geld genommen zu haben. Unter den Verdächtigen befinden sich offenbar auch bayerische Forscher. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) appellierte an die Universitäten, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vorbehaltlos zu unterstützen.

Zurückhaltung in Eichstätt

Die Universität Bayreuth reagierte umgehend und wandte sich bereits Anfang der Woche an die Kölner Staatsanwälte, allerdings ohne Erfolg. "Wir haben keine Auskunft darüber erhalten, ob, wie und in welcher Weise wir betroffen sind", hieß es. Konkrete Hinweise zu einzelnen Personen will man in Köln erst in der kommenden Woche bekanntgeben. Die Hochschulleitung will so lange jedoch nicht warten. Sie startete ein eigenes Klärungsverfahren über alle Fakultäten hinweg. "Damit bekommen wir einen Überblick, der zusammen mit den Informationen, die wir dann aus Köln erwarten, ein klares Bild ergeben wird", sagte Uni-Präsident Rüdiger Bormann. In Eichstätt ist man zurückhaltender. Nachdem Köln noch nicht einmal die Hochschulorte bestätigte, lautet die Devise: "Die Universität wartet auf konkrete Informationen der Staatsanwaltschaft, um tätig werden zu können."

Sollten sich auch in Bayern Verdachtsfälle erhärten, müssen die Betroffenen mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen. "Gleichgültig, ob es sich um eine Eliteuniversität, eine Fachhochschule oder außeruniversitäre Forschungseinrichtung handelt, da muss massiv durchgegriffen werden", forderte Wissenschaftsminister Heubisch. Der Doktortitel genieße in Deutschland noch großes Ansehen, das dürfe nicht verspielt werden. Konsequentes Handeln verlangt auch die Landtagsabgeordnete und hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Isabell Zacharias: "Korruption und Geldgier einzelner Professoren verunglimpfen den gesamten Berufsstand und entwerten Abschlüsse." Ähnlich ist die Haltung an den bayerischen Hochschulen: "Sollte sich in bestimmten Fällen eine Vorteilnahme bestätigen, ist der Professor fällig", erklärte der Münchner TU-Präsident Wolfgang Herrmann. Geld für die Betreuung von Promotionen zu nehmen, falle ganz klar unter die Verletzung der Dienstpflicht.

Ratlosigkeit bei Universitäten

Wie es zu den Korruptionsfällen gekommen ist, kann sich bislang jedoch keiner in der Wissenschaftsszene so richtig erklären. So weist die Bayreuther Universität auf das aufwendige Promotionsverfahren hin, das jeder Kandidat zu durchlaufen hat - angefangen bei der Anmeldung beim Promotionsausschuss bis hin zur Bewertung der Arbeit durch zwei Gutachter. Jeder Doktorand muss zudem eine eidesstattliche Erklärung abgeben, die Arbeit ohne Hinzuziehung fremder Hilfe angefertigt zu haben. Für risikoanfällig wird jedoch die Betreuung durch nur einen Professor gesehen.

Heubisch plädiert dafür, die Einzelbetreuung durch die Einrichtung von Graduierten-Schulen zu ersetzen, wie sie im Ausland üblich sind. Promotions-Kandidaten sind hier in feste, meist fachübergreifende Studienprogramme eingebunden, an denen viele Professoren mitwirken. "Dann sind solche Ausreißer nicht mehr möglich", meint Heubisch. Generell hält es der Minister für unrealistisch, die Inflation von Promotionen in Deutschland (etwa in der Medizin) zu beschränken und wieder stärker auf ihre originäre Funktion zurückzuführen, nämlich: eine Qualifikation für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu sein.

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