Attentäter von Boston:Zarnajew bestreitet Verbindung zu Terrorgruppen

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Dschochar Zarnajew, der mutmaßliche Attentäter von Boston (Foto: dpa)

Die Staatsanwaltschaft hat dem mutmaßlichen Bombenattentäter von Boston am Krankenbett die Anklage verlesen. Der verletzte 19-Jährige soll dabei "bei klarem Verstand" gewesen sein. Nach Medienberichten soll Zarnajew den Ermittlern zu verstehen gegeben haben, er und sein Bruder hätten ohne die Unterstützung internationaler Terrororganisationen gehandelt.

Gegen den mutmaßlichen Attentäter von Boston ist Anklage ( hier als PDF) erhoben worden. Dies sei dem 19-jährigen Dschochar Zarnajew im Krankenhaus eröffnet worden, teilte die Staatsanwaltschaft in der US-Ostküstenstadt mit. Demnach lautet die Anklage auf Verschwörung zur Nutzung von Massenvernichtungswaffen.

  • Use of a Weapon of Mass Destruction
  • Malicious Destruction of Property Resulting in Death

Die Anklage sei ihm am Krankenbett eröffnet worden, heißt es aus dem US-Justizministerium. Zarnajew wird derzeit wegen Verletzungen behandelt, die er während eines Schusswechsels mit der Polizei erlitt und kann bisher nur schriftlich kommunizieren.

Wie der US-Sender CNN am Montag unter Berufung auf Angaben von Regierungsbeamten berichtete, habe der 19-Jährige den Ermittlern zu verstehen gegeben, dass sein älterer Bruder die treibende Kraft hinter Planung und Ausführung des Anschlags gewesen sei und dass der 26-Jährige mit der Tat den Islam habe verteidigen wollen. Den Angaben zufolge handelten die Brüder allein. Eine internationale Terrororganisation stecke nicht hinter der Tat, soll Dschochar Zarnajew erklärt haben.

"Das Ausmaß dieser Verbrechen ist groß und betrifft eine weltweite Gemeinschaft, die Frieden und Gerechtigkeit will", sagte die Staatsanwältin von Massachusetts, Carmen Ortiz. "Wir hoffen, dass diese Anklage der gesamten Öffentlichkeit sowie den Opfern und ihren Angehörigen Mut macht, dass das Recht waltet."

Angeklagter sei bei "klarem Verstand"

Während der Anklageverlesung sei Zarnajew "wach, mental aufnahmefähig und bei klarem Verstand" gewesen, gab Richterin Marianne B. Bowler zu Protokoll. Auf die Frage, ob der infolge seiner Verletzungen sprechunfähige Angeklagte in der Lage sei, einige Fragen zu beantworten, habe er deutlich genickt. Ein einziges Wort habe Zarnajew gesagt und dies sei ein "Nein" auf die Frage gewesen, ob er sich einen Anwalt leisten könne.

Nach Informationen des TV-Senders CNN soll der Prozess voraussichtlich am 30. Mai beginnen. Sollte Zarnajew schuldig gesprochen werden, kann laut der Behörde die Todesstrafe oder eine möglicherweise lebenslange Haftstrafe gegen ihn verhängt werden.

"Wir haben einmal mehr gezeigt: Wer unschuldige Amerikaner angreift und unsere Städte zu terrorisieren versucht, kann sich der Strafe nicht entziehen", sagte Justizminister Eric Holder.

Dschochar Zarnajew soll gemeinsam mit seinem Bruder Tamerlan, der bei einer Verfolgungsjagd starb, die Anschläge auf den Boston-Marathon verübt haben, bei denen drei Menschen getötet und mehr als 180 verletzt wurden.

Zarnajew kein "feindlicher Kämpfer"

Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, betonte zuvor, Zarnajew werde nicht als "feindlicher Kämpfer" behandelt und vor ein Militärgericht gestellt, wie dies von einigen Republikanern gefordert worden war. "Wir werden diesen Terroristen durch unser ziviles Justizsystem bestrafen", sagte Carney. Er wies darauf hin, dass seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 das Justizsystem bewiesen habe, dass es der anhaltenden Bedrohung gewachsen sei.

Die republikanischen Senatoren John McCain und Lindsey Graham hatten gefordert, Zarnajew als "feindlichen Kämpfer" zu behandeln. Unter diesem Status könnte er so wie die Häftlinge von Guantánamo unbefristet ohne Anklage oder Prozess festgehalten werden.

Die Attentäter planten nach Einschätzung der Ermittler vermutlich noch weitere Anschläge. Wie der Bostoner Polizeichef Ed Davis dem Fernsehsender CBS sagte, verfügten sie bei ihrer Flucht noch über mehrere selbstgebastelte Sprengsätze und Schusswaffen.

Unterdessen haben die Bewohner des US-Bundesstaates Massachusetts eine Woche nach dem Bombenanschlag mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht. Um genau 14:50 Uhr Ortszeit am Montag, dem Zeitpunkt der ersten Explosion, stand das Leben für eine Minute still. Anschließend läuteten in ganz Massachusetts die Kirchenglocken. Auch US-Präsident Barack Obama nahm von seinem Amtssitz in Washington aus an der Schweigeminute teil.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/jasch/dgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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