Siemens-Panne bei Eurostar:Signalchaos auf Europas Schienennetzen

In der EU wird ständig daran gearbeitet, einheitliche Normen und Maße zu entwickeln. Im Bahnverkehr herrscht allerdings noch immer Signalchaos. Jedes Land lenkt seinen Bahnverkehr anders. Die negativen Folgen dieses Wirrwarrs hat Siemens gerade zu spüren bekommen.

Ein Kommentar von Daniela Kuhr, Berlin

Wer mit dem Auto durch Europa reist, merkt kaum, wenn er eine Landesgrenze überquert. Vielleicht sind die Autobahnschilder auf einmal grün statt blau, doch niemand hat es schwer, sich zurechtzufinden. Ganz anders sieht es bei Zügen aus.

Weil die Technik an Bord permanent in Kontakt zur Signaltechnik an der Strecke steht, ist das Überqueren der Grenze für sie so, als wenn ein Autofahrer sich plötzlich in irgendeinem Viertel in Peking zurechtfinden muss: lauter fremde Zeichen, die man nicht entziffern kann.

Wie herausfordernd das für einen Zug sein kann, erst recht für einen Hochgeschwindigkeitszug, bekommt gerade Siemens zu spüren. Der Konzern hatte der Bahn 16 solche Züge versprochen. Er wollte damit in Deutschland, Belgien, Frankreich, in den Niederlanden und sogar bis nach Großbritannien fahren. Auch dem Eurotunnel-Betreiber Eurostar will Siemens solche Züge liefern. Doch jetzt? Jetzt muss der Konzern einräumen, dass er die Herausforderung unterschätzt und sich selbst überschätzt hat.

Für Siemens ist das mehr als peinlich. Allerdings sollten sich die EU-Staaten fragen, wie lange sich noch jedes Land seine eigene Signaltechnik leisten mag. Dadurch wird der grenzüberschreitende Schienenverkehr unnötig teuer und kompliziert. Dem Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern und so die Umwelt zu entlasten, dient das jedenfalls nicht.

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