Italiens Suche nach einer neuen Regierung:Napolitanos Meisterstück

Man muss Präsident Napolitano preisen: Er setzt die Demokratiemaschine wieder in Gang, die die Parteien mit ihrer Sturheit blockieren. Zwar ist unklar, ob der als Regierungschef vorgesehene Sozialdemokrat Letta erfolgreich ist. Aber besser, als es Napolitano getan hat, hätte ihm niemand den Weg ebnen können.

Ein Kommentar von Andrea Bachstein, Rom

Wenn er dafür nicht bereits bekannt wäre, müsste man Italiens Präsidenten Giorgio Napolitano jetzt noch einmal ausdrücklich preisen: für seine Entschlossenheit, seine Klugheit - und nicht zuletzt sein Tempo. Der alte Weise im Quirinal hat in kaum zwei Tagen jene Demokratiemaschine wieder in Gang gesetzt, welche die Parteien in den zwei Monaten seit der Parlamentswahl mit ihrer Sturheit gründlich blockiert hatten.

Noch ist nicht völlig sicher, dass der mit der Regierungsbildung beauftragte Enrico Letta seine Mission auch erfolgreich erfüllt. Aber besser, als es Napolitano getan hat, hätte ihm wohl niemand den Weg dafür ebnen können.

Politikerkarrieren in Italien
:Der Club der alten Männer

Wollen sie nicht gehen, oder können sie nicht? In Italien machen die immer gleichen Männer Politik. Inzwischen sind viele von ihnen ganz schön alt geworden. Das kann man Lebenserfahrung nennen, oder Parlamentsvergreisung. Der italienische Politikbeobachter Allesandro Amadori behauptet schlicht: "Sie müssen nur Freud lesen. Die italienische Politik ist die ewige Suche nach dem verlorenen Vater." Eine Bildergalerie von Männern, die es schaffen, immer wieder aufzutauchen.

Von Nadia Pantel

Der Präsident hatte ein von Fachleuten erarbeitetes Regierungsprogramm parat. Und er hat aus dem Politikergewimmel einen Mann ausgesucht, gegen den im Moment nur die Protestbewegung Fünf Sterne wettern kann, weil sie gegen jeden wettert, der nicht aus ihren Reihen kommt.

Doch Letta ist nicht nur ein Kompromisskandidat. Mit ihm kommt die sozialdemokratische PD - immerhin die Siegerin der jüngsten Wahl - zu ihrem Recht. Zugleich steht Letta für den erhofften Neuanfang, weil er eine Generation jünger ist als die bisherige Führungsklasse. Das könnte einiges Protestpotenzial auffangen. Die EU-Partner schließlich bekommen einen Europa-erfahrenen Kollegen. Das ist sehr viel mehr, als man vor wenigen Tagen noch hoffen konnte.

© SZ vom 25.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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