New Jerseys Gouverneur Christie:Abspecken fürs Weiße Haus

New Jersey Governor Christie speaks at a groundbreaking ceremony for the Technology Enhanced Accelerated Learning Center news conference in Newark

New Jerseys republikanischer Gouverneur Chris Christie

(Foto: REUTERS)

Er bezeichnete sich als "einen der gesündesten Dicken". Doch nun hat sich New Jerseys Gouverneur Chris Christie einer Operation unterzogen, um abzunehmen. Im Interesse seiner Familie, wie er sagt. Das politische Amerika sieht dies als Schritt des Republikaners in Richtung Präsidentschaftskandidatur.

Von Sebastian Krass

Anfang dieses Jahres saß er bei David Letterman im Sessel und aß genüsslich einen Donut. Da bediente Chris Christie, der Gouverneur von New Jersey, noch das Bild eines Menschen, der mit seinem Übergewicht im Reinen ist. Er sei "einer der gesündesten Dicken" sagte Christie einmal über sich selbst. Doch, wenn man seinen Worten in diesen Tagen glaubt, war Christie bei seinem Letterman-Auftritt schon längst nicht mehr im Reinen mit sich.

Im vergangenen September, rund um seinen 50. Geburtstag, habe er beschlossen, sich einer Operation zu unterziehen, um so Gewicht zu verlieren, erklärte Christie in dieser Woche. Sie sei bereits für November geplant gewesen. Doch dann brach der Sturm Sandy über Amerikas Ostküste herein, und Christie war als Krisenmanager gefragt - eine Rolle, die der Republikaner so gut ausfüllte, dass er auch vom demokratischen US-Präsidenten Barack Obama Lob erntete.

Dass Christie im Gegenzug Obama wenige Tage vor der Wahl für dessen Einsatz lobte und dem republikanischen Bewerber Mitt Romney eine PR-Tour durch das zerstörte New Jersey verwehrte, nehmen ihm einige konservative Strategen und Politiker bis heute übel und werfen ihm mangelnde Loyalität vor. Trotzdem gilt Christie als aussichtsreicher Bewerber für das Weiße Haus. Vor der nächsten Wahl 2016 muss er in diesem Herbst noch die Wiederwahl als Gouverneur schaffen - was als Formsache gilt.

U.S. President Obama shakes hands with New Jersey Governor Christie after arriving at Atlantic City International airport

Macht ihm seine Figur die guten Chancen zunichte? 20 Prozent der Amerikaner sagen, dass sie einen Übergewichtigen aus Prinzip nicht wählen würden.

(Foto: Reuters)

Inzwischen hat Christie den Eingriff nachgeholt. Im Februar ging er unter falschem Namen in eine Klinik und ließ sich ein sogenanntes Magenband einpflanzen, das den Hunger zügeln soll. Dies berichtete zunächst das Boulevardblatt New York Post. Christie hat sich inzwischen auch auf einer Pressekonferenz zu dem Thema geäußert. "Lächerlich" fand er den Ansturm der Reporter.

Schließlich handelt es sich nach Christies Darstellung um eine rein private Angelegenheit. "Es hat nichts mit meiner Karriere zu tun, sondern mit meiner Gesundheit", sagt er. "Ich habe mit dem Problem seit 20 Jahren gekämpft. Für mich geht es darum, dass ich meine Kinder sehe und für sie da sein möchte." Wie viel er wiegt, ist nicht bekannt, es sollen vor dem Eingriff 150 Kilogramm gewesen sein, er soll seitdem aber schon abgenommen haben.

Doch in den USA gilt Christies Gewicht sehr wohl als politisches Thema. Seit Beginn des Fernsehzeitalters sei "niemand, der so übergewichtig war wie New Jerseys Gouverneur, der Präsidentschaft (oder auch nur der Nominierung durch seine Partei) auch nur nahe gekommen", schreibt die Washington Post.

Der letzte wirklich übergewichtige Präsident war William Howard Taft, der von 1909 bis 1913 regierte. Über ihn wird in Washington gern die - allerdings unbestätigte - Anekdote erzählt, er sei einmal in einer Badewanne des Weißen Hauses stecken geblieben. Bei George W. Bush und Barack Obama hingegen war und ist es stets Teil der Inszenierung, dass sie durchtrainiert sind, um den Belastungen ihres Amtes gewachsen zu sein. Auch Mitt Romney und sein Vize Paul Ryan präsentierten sich als Fitness-Freaks und seit längerer Zeit veröffentlicht jeder Präsidentschaftskandidat seine Krankenakte.

Noch Anfang Februar äußerte sogar eine frühere Ärztin des Weißen Hauses die Sorge, Christie könne wegen seines Übergewichts im Amt des Präsidenten sterben. Die Frau solle "ihren Mund halten", polterte Christie. Kurz darauf ließ er den Eingriff vornehmen.

Dass dieser gerade am Dienstag öffentlich bekannt wurde, ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. Denn am selben Tag erschien ein Buch der populären Fernsehmoderatorin Mika Brzezinski über "Amerikas Essenswahn". Manche hätten die Autorin bereits "Essens-Nazi" genannt, weil sie ständig gegen ungesunde Ernährung wettere, heißt es in der Werbung für Obsessed: America's Food Addiction -- and My Own. Nun versuche sie, sich zu bessern. In dem Buch spricht auch Chris Christie über das Thema "Übergewicht".

An diesem Dienstag wiederum stellte Christies Team einen siebenminütigen Spaßfilm ins Internet, in dem es darum geht, dass plötzlich niemand mehr etwas vom vorher noch so populären Gouverneur wissen wolle - weil seine legendäre Fleecejacke verschwunden sei. In dem Film spielen nicht nur Jon Bon Jovi und Alec Baldwin mit, sondern auch Mika Brzezinski.

Als die Nachricht von Christies Operation dann in der Welt war, erzählte die Moderatorin in der Sendung "Morning Joe" auf MSNBC, wie sehr sie sich für "ihren Freund und seine Familie" freue und wie "stolz auf ihn" sie sei, dass er den "extremen" Schritt gegangen sei, "manchmal ist das nötig". Dass Christie darüber spreche, werde anderen übergewichtigen Menschen helfen. Und dann war sie ganz schnell dabei, über ihr neues Buch zu sprechen.

Ihr Ko-Moderator Joe Scarborough sekundierte, es zeige sich, dass Christie alles andere als ein undisziplinierter Mensch sei, wie manche angesichts seines Gewichts meinten. Und dann zog er direkt die Parallele zur Christies politischem Wirken: Nur ein hoch disziplinierter Mensch könne als Republikaner in einem "blauen", also den Demokraten zuneigenden Staat wie New Jersey so erfolgreich sein. Es entsteht der Eindruck, als laufe da eine gut aufeinander abgestimmte PR-Kampagne.

Auf jeden Fall wird Amerika also in den kommenden Monaten aufmerksam verfolgen, wie sich das Gewicht von Chris Christie entwickelt - und natürlich seine Umfragewerte.

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