Rückschritt in der EU-Energiepolitik:Priorität: billig

Gehorsam führen europäische Politiker aus, was Firmenchefs von ihnen fordern. Die Energiewende, die eben noch als revolutionär und nachhaltig galt, gefährdet nun angeblich Jobs. Der neue Kurs beim Strompreis ist ein gewaltiger Rückschritt.

Ein Kommentar von Cerstin Gammelin, Brüssel

Europa plant eine Energiewende, die mit dem gleichnamigen deutschen Konzept nicht viel zu tun hat. Europa wendet sich schlicht in eine andere Richtung, als es Deutschland offiziell vorhat. Während Deutschland aus der Kernenergie aussteigen, Kohle- durch Gaskraftwerke ersetzen und vor allem grüne Energien pushen will, heißt die europäische Priorität ganz eindeutig: billig.

Billig soll Energie sein. Ihre Erzeugung soll so wenig wie möglich kosten, und wenn dafür alte Meiler weiterlaufen, bitte schön!

Das Konzept für die künftige Energie- und Klimapolitik, das die 27 Staats- und Regierungschefs am Mittwoch auf ihrem Gipfel unterschreiben sollen, ist ein gewaltiger Schritt zurück. Verklausuliert in diplomatische Formulierungen stellt das neue Konzept vieles infrage, was bisher europaweit beschlossen oder umgesetzt wurde. Ob grüne Energien oder der Handel mit Verschmutzungsrechten - alles, was noch vor einer halben Dekade als revolutionär, nachhaltig und ultimativ zur Erhaltung der Umwelt galt, trägt plötzlich den Makel, zu teuer zu sein, Jobs zu vernichten und Wachstum zu verhindern.

Irritierend ist, wie gehorsam europäische Politiker ausführen, was Firmenchefs von ihnen fordern. Erst haben sie ihre Wähler überzeugt, dass es praktisch alternativlos ist, auf saubere Energien umzusteigen - und dass der Umstieg etwas kostet. Plötzlich gilt das Gegenteil. Glaubwürdig sind solche Energiewenden nicht.

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