Verwandtenaffäre:Staatsanwaltschaft will gegen SPD-Mann Harald Güller ermitteln

Harald Güller, SPD.

Harald Güller, SPD.

(Foto: oh)

Er hat seinen Stiefsohn angestellt und muss nun mit rechtlichen Konsequenzen rechnen: Dem Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag, Harald Güller, droht ein Ermittlungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft hat die Aufhebung seiner Immunität beantragt. Schon werden erste Rücktrittsforderungen laut.

Von Stefan Mayr

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag, Harald Güller, gerät wegen der illegalen Beschäftigung seines Stiefsohnes unter zunehmenden Druck: Die Staatsanwaltschaft München I will gegen ihn ein Ermittlungsverfahren einleiten, und von der Parteibasis werden erste Rücktrittsforderungen laut. Oberstaatsanwalt Manfred Nötzel bestätigte der Augsburger Allgemeinen, dass die Ermittlungsbehörde beim Landtag eine vorübergehende Aufhebung der Immunität beantragt habe. Wenn der Landtag innerhalb von zwei Tagen nicht widerspricht, können die Ermittlungen offiziell beginnen.

Güller hatte im Jahre 2009 zwei Monate lang seinen Stiefsohn auf Kosten des Landtags beschäftigt - und damit wohl gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen. Der Vorsitzende des SPD-Bezirks Schwaben hatte diesen Fehler in der vergangenen Woche eingeräumt und das Gehalt in Höhe von 7000 Euro zurückgezahlt. Auf seiner Internetseite schreibt er: "Ich habe dann sicher einen Fehler gemacht, als ich - auch als Jurist - nicht erkannt habe, dass der 30-jährige Sohn meiner Frau aus deren erster Ehe durch unsere Heirat juristisch gesehen mein Schwager geworden ist." Zudem betont er, dass sein Fehler mit der von einigen CSU-Abgeordneten genutzten Altfallregelung zur Beschäftigung von Familienangehörigen "nichts, aber schon gar nichts zu tun" habe.

Das sieht die CSU-Fraktionsvorsitzende Christa Stewens auch so, allerdings zieht sie daraus einen ganz anderen Schluss: Der Fall Güller sei der erste unter Umgehen der Richtlinien und unter falschen Angaben gegenüber dem Landtagsamt. Stewens sagte: "Güller muss sich deshalb selbst fragen, ob er den moralischen Ansprüchen seiner Fraktion gerecht wird."

Erste Rücktrittsforderungen aus der eigenen Partei

Im Falle des CSU-Abgeordneten Georg Schmid hatte die Staatsanwaltschaft Augsburg ebenfalls die vorübergehende Aufhebung der Immunität beantragt. Diesem Antrag hatte der Landtag nicht widersprochen. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch das Ermittlungsverfahren gegen Güller eingeleitet wird. Der 50-Jährige tritt bei der Landtagswahl im September als Direktkandidat im Stimmkreis Augsburg-West an, zudem führt er die Liste der schwäbischen SPD an.

Aus der Partei werden erste Rücktrittsforderungen laut. "Wenn er Schaden von der Demokratie und von der Partei fernhalten will, dann zieht er sich aus dem politischen Leben zurück", sagt Manfred Heeb aus Burgberg. Der Oberallgäuer Kreisrat war bis 2009 Vorsitzender des Unterbezirks Allgäu-Bodensee. "Ich habe Herrn Güller unterstützt und vertraut und bin leidenschaftliches Parteimitglied", sagt er, "aber nach diesem Fehler genügt eine Entschuldigung und ein Rücktritt als parlamentarischer Geschäftsführer leider nicht."

Güllers Fraktions-Kollege Martin Güll (Stimmkreis Dachau) gibt sich zurückhaltender: "Ich möchte mir erst ein Urteil bilden, wenn ich den Sachverhalt aus erster Hand erfahren habe. Deshalb würde ich gerne die nächste Fraktionssitzung am 5. Juni abwarten." Generell räumt Güll allerdings ein, dass es "sicherlich nicht erfreulich" sei, wenn im Landtags-Wahlkampf gegen einen Kandidaten staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen.

Die Augsburger SPD-Chefin Ulrike Bahr befürwortet ausdrücklich die Kandidatur Güllers: "Er hat seinen Fehler eingesehen und sich danach sehr korrekt verhalten. Er ist keine Belastung für den Wahlkampf." Güller selbst hatte sich am Freitag im Bayerischen Rundfunk gelassen gezeigt: Er wisse nichts von einem anstehenden Ermittlungsverfahren. Zudem habe er den Vorgang öffentlich gemacht. Am Wochenende war er im Urlaub am Gardasee und nicht erreichbar. Wie seine Frau sagt, war er ohne Handy mit dem Motorrad unterwegs.

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