Premier Li bei Kanzlerin Merkel:Lukrativer Besuch

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Erster Besuch im Kanzleramt: Chinas Premier Li Keqiang bei Kanzlerin Angela Merkel (Foto: REUTERS)

Neue Deals trotz Handelsstreit: In der Auseinandersetzung um Strafzölle für Solarmodule bleiben die Fronten verhärtet. Doch für die deutsche Wirtschaft lohnt sich der Besuch von Chinas neuem Premier Li.

Deutschland und China wollen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit verbessern. Minister und Unternehmensvertreter beider Seiten unterzeichneten am Sonntagabend nach einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang eine zweistellige Zahl von Abkommen. Angaben über das Volumen der Abkommen gab es zunächst nicht. Gleichzeitig verschärft der Premier den Ton im Handelsstreit mit der EU.

Unter anderem wurden Vereinbarungen von den Automobilherstellern BMW und VW unterschrieben. Vertreter der Siemens AG unterzeichneten Abkommen über einen Servicevertrag für Gasturbinen sowie eine Rahmenvereinbarung zur Zusammenarbeit bei der Rohölverarbeitung. Zudem wuden Verträge über die Bestellung von Schiffen auf chinesischen Werften sowie ein Darlehensvertrag für den Kauf von Containerschiffen durch eine deutsche Reederei unterzeichnet.

Im Beisein von Merkel und Li wurde zudem eine Erklärung des Wirtschaftsministeriums mit dem chinesischen Handelsministerium über die rechtliche Unterstützung für Unternehmen beider Länder bei wechselseitigen Investitionen unterzeichnet. Auch eine Zusammenarbeit bei der Energieeinsparung und der Energie-Effizienzsteigerung wurde besiegelt.

Auch für eine Zusammenarbeit in der Bildung wurde ein Grundstein gelegt: Eine Grundsatzerklärung mit der Berliner Humboldt-Universität über die Einrichtung eines Stiftungslehrstuhls für Chinastudien wurde ebenso unterzeichnet wie ein Papier, das die Zusammenarbeit im Bereich des Sprachangebots an Schulen verstärken soll.

China kritisiert weiterhin die Anti-Dumping-Maßnahmen der EU

Weiterhin Spannungen in den deutsch-chinesischen Beziehungen verursacht der Handelsstreit zwischen China und der EU. Wegen der drohenden Strafzölle auf chinesische Solarmodule hat Peking den Ton gegen die Europäische Union verschärft und vor Protektionismus gewarnt. Nach einem Gespräch mit Li Keqiang sagte der brandenburgische Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) am Sonntag in Potsdam, beide Seiten seien sich einig, dass ein ungestörter Handel den größten Nutzen bringe.

Am frühen Abend traf der seit März amtierende Li in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt. Anschließend war auch ein Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck geplant. Li hatte zuvor gewarnt, die Verfahren gegen chinesische Solarprodukte und Telekommunikationsimporte würden europäischen Kunden schaden und könnten zu Protektionismus führen. "In der derzeitigen Wirtschaftslage sollen Länder einen stabilen und offenen Handel aufrechterhalten", zitierte die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua aus einer Rede von Li Keqiang in der Schweiz.

Merkel hatte bereits am Freitag über Regierungssprecher Steffen Seibert deutlich machen lassen, dass sie in dem Solar-Handelsstreit weiterhin auf eine faire Einigung setzt. Die EU will den Solar-Billigimporten aus China einen Riegel vorschieben und die Einfuhr von Solarmodulen dem Vernehmen nach mit einem durchschnittlichen Zollsatz von 47 Prozent belegen. China hatte im Gegenzug kürzlich eine Anti-Dumping-Untersuchung zu Importen von Stahlrohren aus Europa eröffnet.

Der europäische Solarindustrie-Lobbyverband EU ProSun forderte Merkel auf, gegenüber China eine rote Linie zu ziehen. Die Bundesregierung dürfe sich nicht erpressbar machen und tatenlos zusehen, "wie eine Schlüsseltechnologie nach der anderen an China geht", sagte der Chef der Initiative, Milan Nitzschke.

In dem Gespräch der Kanzlerin mit Li sollte es auch um den Bürgerkrieg in Syrien, den Konflikt mit Nordkorea und die Menschenrechte gehen. Deutschland ist das einzige EU-Land auf Lis Reiseroute. Zuvor war er in Indien, Pakistan und der Schweiz. Am Montag kommt Li Keqiang erneut mit Merkel zusammen. Außerdem trifft er vier Monate vor der Bundestagswahl SPD-Chef Sigmar Gabriel, Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Altkanzler Helmut Schmidt.

© Süddeutsche.de/dpa/fran/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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