Luftangriffe in Afrika:US-Streitkräfte steuern Drohnen von Deutschland aus

Luftangriffe in Afrika: Beratung in Ramstein: Im Air and Space Operation Center überwachen bis zu 650 Soldaten den Luftraum

Beratung in Ramstein: Im Air and Space Operation Center überwachen bis zu 650 Soldaten den Luftraum

(Foto: US AIR FORCE)

Die USA fliegen Drohnenangriffe in Somalia, um militante Shabaab-Milizen zu töten. Gesteuert werden diese Einsätze von Militärbasen in Stuttgart und Ramstein aus. Die Bundesregierung erklärt, davon nichts gewusst zu haben. Doch die Einbettung Deutschlands in das Drohnenprogramm könnte völkerrechtlich relevant sein.

Von Christian Fuchs, John Goetz und Hans Leyendecker

Die gezielte Tötung mutmaßlicher Terroristen in Afrika durch Drohnen wird massiv von Standorten des US-Militärs in Deutschland unterstützt. Das haben Recherchen des ARD-Magazins "Panorama" und der Süddeutschen Zeitung ergeben. Insbesondere sind das in Stuttgart ansässige Oberkommando des US-Militärs für Afrika (Africom) und das Air Operations Center (AOC) der US-Air Force-Basis im rheinland-pfälzischen Ramstein in die Aktionen eingebunden.

Bis heute sollen in Somalia rund zehn tödliche Drohnenangriffe von US-Militärs durchgeführt worden sein, bei denen bis zu 29 Menschen starben. Die meisten von ihnen sollen Mitglieder der militanten somalischen Shabaab-Milizen gewesen sein, die einen islamischen Staat am Horn von Afrika errichten wollen

Seit 2011 steuert eine Flugleitzentrale in Ramstein Angriffe der US-Luftwaffe in Afrika, auch auf Ziele in Somalia. Bis zu 650 Mitarbeiter überwachen in dieser Zentrale den afrikanischen Luftraum; sie werten Drohnen- und Satellitenbilder aus und planen neue Einsätze. Ohne eine spezielle Satelliten-Relais-Station für unbemannte Flugobjekte in Ramstein könnten Drohnen-Angriffe in Afrika "nicht durchgeführt werden", heißt es in einem internen Papier der US-Luftwaffe.

Aus den Unterlagen geht hervor, dass eine alte Anlage durch eine bessere und dauerhaftere Installation ersetzt werden sollte. Der US-Kongress hatte für diese neue Anlage im Jahr 2011 umgerechnet 8,4 Millionen Euro genehmigt. "Die Ausführung dieses Projekts soll die Satelliten-Kommunikation mit Drohnen langfristig verbessern", heißt es in dem Papier.

Das US-Militär erklärte auf Anfrage, generell liege für alle militärischen Operationen in Afrika die Verantwortung bei Africom in Stuttgart - also auch für die Drohneneinsätze. Aus internen Stellenausschreibungen geht hervor, dass für Africom in Stuttgart "Geheimdienst-Analysten" gesucht werden, deren Aufgabe es sein soll, Ziele für Drohneneinsätze in Afrika zu "nominieren".

Die offenkundige Einbettung Deutschlands in ein geheimes Drohnenprogramm wirft nach Ansicht des Gießener Völkerrechtlers Thilo Marauhn juristische Fragen auf: "Die Tötung eines Tatverdächtigen mithilfe einer bewaffneten Drohne außerhalb eines bewaffneten Konflikts" könne, wenn die Bundesregierung davon wisse und nicht protestiere, die "Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein". Die Bundesregierung betonte auf Nachfrage, sie habe "keine Erkenntnisse", dass Drohnenangriffe von US-Streitkräften in Deutschland geplant oder durchgeführt würden. "Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht" gelte der Grundsatz, "dass von deutschem Staatsgebiet aus keine völkerrechtswidrigen militärischen Einsätze ausgehen dürfen". Hierfür habe "die Bundesregierung auch keine Anhaltspunkte".

Erst am Mittwoch wurde bei einem US-Drohnenangriff im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan nach Angaben aus Geheimdienstkreisen der Vizechef der pakistanischen Taliban, Wali ur Rehman, getötet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: