Hochwasser in Bayern:Politik in Gummistiefeln

Hochwasser in Bayern - Passau

Hochwasser in Passau: Die Wanderstiefel (2.v.r.) gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel, links neben ihr geht Ministerpräsident Horst Seehofer in Gummistiefeln.

(Foto: dpa)

Evakuierungen, überflutete Straßen und vollgelaufene Keller: In Bayern sind die Flusspegel dramatisch gestiegen - mit ihnen auch die Adrenalinspiegel im Körper bayerischer Politiker. Mit Blaulicht oder per Hubschrauber eilen sie an die Krisenorte. Nur einer lässt die Gummistiefel lieber stehen.

Ein Kommentar von Mike Szymanski

Wenn die Flüsse über die Ufer treten, dann schlägt die große Stunde der Gummistiefel-Politik. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) rauschte mit Blaulicht auf dem Autodach und Gummistiefeln an den Füßen zum Krisentreffen in die Staatskanzlei. Ministerpräsident Horst Seehofer verkündete, dass außergewöhnliche Hochwasser außergewöhnliche Antworten verlangten.

Was das konkret heißt, führte am Montag sein Koalitionspartner Martin Zeil (FDP) aus: 150 Millionen Euro Soforthilfe für die Betroffenen, ganz schnell bewilligt, ganz ohne Streit. Geld spielt jetzt sowieso keine Rolle.

Nach den anhaltenden Regenfällen sind nicht nur die Flusspegel dramatisch gestiegen, die Adrenalinspiegel im Körper bayerischer Politiker auch. Wer sich im Katastrophenfall als Manager bewährt, punktet bei den Bürgern.

Am Montag startete Seehofer deshalb auch seine Rundreise durchs Krisengebiet. Außerdem hat man in der Partei schmerzliche Erfahrungen damit, welche Folgen es haben kann, wenn man sich die Füße nicht nass machen will. Edmund Stoiber hatte als Kanzlerkandidat 2002 zuschauen müssen, wie der hemdsärmelige Amtsinhaber Gerhard Schröder ihn bei der Elbe-Flut in Gummistiefeln regelrecht abhängte. Zusätzlich treibt Seehofer wohl die Hoffnung an, die Flut könnte die Verwandtenaffäre, die seine CSU so belastet, gleich mit wegspülen.

Der Gummistiefel-Politiker hat es nicht leicht. Wenn er übertreibt, muss er sich Aktionismus vorwerfen lassen. Seehofer bewegt sich scharf an der Grenze. Lässt er sich gar nicht blicken, ist es auch nicht wirklich recht. Dann heißt es: Er kümmert sich nicht.

SPD-Herausforderer Christian Ude hat entschieden, die Gummistiefel im Schrank zu lassen. Die Rettungskräfte werden es ihm vielleicht danken. Einer weniger, der im Weg steht. Ob die Wähler das genauso sehen? Gerade Ude steht im Verdacht, dass ihn außer München eigentlich nicht viel interessiert. Wenn sich einer aufmachen sollte, dann eigentlich er.

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