Sammlung privater Telefon- und Internetdaten:Obama verteidigt Überwachung als rechtmäßig

Obama speaks at middle school in Mooresville, North Carolina

US-Präsident Barack Obama: "Man kann nicht 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Privatsphäre und null Unannehmlichkeiten haben"

(Foto: dpa)

"Man kann nicht 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Privatsphäre haben": US-Präsident Obama geht nach der Kritik an den Überwachungsprogrammen der Geheimdienste in die Offensive.

"Niemand hört Telefongespräche ab": US-Präsident Obama bemüht sich in der Überwachungsaffäre um Schadensbegrenzung und verteidigt das Vorgehen vehement. "Man kann nicht 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Privatsphäre und null Unannehmlichkeiten haben", sagte er. Der Geheimdienst schaue auf die Telefonnummern und die Dauer der Anrufe, "aber sie schauen nicht auf die Namen der Leute und den Inhalt".

Das Durchsieben der "Metadaten" solle helfen, potenzielle Terroristen aufzuspüren. Wenn der Geheimdienst jedoch den Inhalt von Anrufen abhören würde, brauche er den Gerichtsbeschluss eines Richters.

Er habe sein Amt mit einer gesunden Portion Skepsis gegenüber solchen Überwachungssystemen angetreten, sagte Obama. Nun aber habe sich seine Meinung geändert: Die Programme würden terroristische Anschläge verhindern und Schutzmaßnahmen bieten, über die sich kein Amerikaner Sorgen machen müsse. Der Präsident betonte, dass die Programme vom Kongress gebilligt und seit 2006 mit überparteilicher Zustimmung wiederholt erneuert worden seien.

Nicht nur amerikanische Agenten hatten offenbar Zugriff auf die Daten, die der US-Militärnachrichtendienst NSA im Rahmen des Programmes Prism von Internet-Konzernen wie Facebook, Google, Yahoo oder Microsoft erhielt. Auch das britische Gegenstück zur NSA, das GCHQ, erhielt offenbar Zugriff auf die Daten, welche die Amerikaner sammelten, berichtet der Guardian.

Aus Dokumenten, die der Londoner Zeitung vorliegen, ergibt sich, dass das GCHQ seit spätestens Juni 2010 Zugriff auf die Daten hatte. Im vergangenen Jahr seien Erkenntisse aus dem Material in 197 geheimdienstliche Berichte eingeflossen. Der Guardian fragt nun, welche britischen Minister von dem Programm wussten.

Weiter liegt dem Guardian ein Memo des Präsidenten vor (einzusehen hier), in dem er ankündigt, eine Liste mit Zielpersonen zu erstellen, die ausspioniert werden sollen. "Die Offensiven Cyber-Effekt-Operationen (Offensive Cyber Effects Operations) ermöglichen einzigartige und unkonvetionelle Möglichkeitten, Ziele der USA weltweit ohne Warnung für die Zielperson durchzusetzen", steht dort.

An diesem Freitag war bekannt geworden, dass die amerikanische NSA und die Bundespolizei FBI direkt auf Serverdaten der Internetkonzerne Google, Microsoft, Yahoo, Facebook, Apple, Youtube, Skype, AOL und PalTalk zugreifen dürfen. Damit könnten sie die Internetpräsenz von Nutzern überwachen und deren E-Mails, Videos, Fotos und Verbindungsdaten einsehen. Die Geheimdienste könnten "sehen, wie Sie beim Tippen denken", zitierten Medien den Informanten, der die entsprechende geheime Präsentations-Datei weitergegeben haben soll.

Die NSA hat auf die öffentliche Empörung reagiert und bekanntgegeben, "bestimmte begrenzte Informationen" freigeben zu wollen, berichtet die Financial Times. Dies geschehe aber nur, um die "zahlreichen Ungenauigkeiten" in den Medienberichten zu berichtigen, sagte der Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper. Ohne Kontext ergäben die geleakten Informationen ein verzerrtes Bild, wie das Programm arbeite.

Linktipp: Das Logo des Prism-Programms ist komisch, finden die Kollegen beim Guardian: "What does a top secret surveillance program need, aside from the ability to spy on virtually every internet user, and the sense not to mention it to anyone? If you answered: 'a really freaky logo', there may be a job for you at the National Security Agency."

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