SPD-Schattenkabinett:Steinmeier verzichtet auf Schmidt - vorerst

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Kanzlerkandidat Steinmeier hat sich durchgesetzt: Ministerin Schmidt darf nicht ins SPD-Regierungsteam, bis alle Vorwürfe in der Dienstwagen-Affäre geklärt sind.

P. Blechschmidt und S. Höll

Auf Drängen der SPD-Spitze zieht Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) Konsequenzen aus ihrer Dienstwagenaffäre und verzichtet zunächst auf eine maßgebliche Rolle im Bundestagswahlkampf. Anders als bislang geplant werde Schmidt vorerst nicht Mitglied in seinem Regierungsteam sein, sagte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch.

Ulla und die anderen
:Dienstlich - ganz flexibel

Was ist Dienst, was ist privat? Ulla Schmidt ist nicht die erste, die über den schwierigen Umgang mit dienstlichen Transportmitteln stolpert.

Sollten ihr Bundestag und Bundesrechnungshof ein untadeliges Verhalten im Umgang mit ihrem Dienstwagen im Spanien-Urlaub attestieren, werde sie zu der Gruppe hinzustoßen. In SPD-Kreisen verlautete, die Parteispitze habe Schmidt nach ihrer Rückkehr aus dem Spanien-Urlaub von diesem Schritt erst überzeugen müssen. Sie sei sich keiner Schuld bewusst und habe sich in den vergangenen Tagen auch über mangelnde Unterstützung der Partei beklagt. Als Bundesministerin bleibe sie im Amt.

Schmidt musste überzeugt werden

Die Entscheidung kam nach SPD-Angaben nach einer längeren Unterredung Schmidts und Steinmeiers am Mittwochnachmittag zustande. In der SPD-Führung hatte man die Affäre als zusätzliche Belastung im Wahlkampf empfunden und war verärgert über die öffentliche Reaktion Schmidts. Sie habe ihr Vorgehen, das man keinem Menschen erklären könne, vehement gerechtfertigt und keine Selbstkritik gezeigt.

Auch Steinmeier, der sich Schmidt politisch und persönlich verbunden fühlt, sei der Ansicht gewesen, sie sei im Wahlkampfteam nicht mehr zu halten. Er hätte sich aber schwergetan, sie abzulösen und deshalb einen Verzicht ihrem Rauswurf vorgezogen. In der Partei wurde auch befürchtet, dass noch weitere Details der Affäre bekannt werden könnten, die die Debatte neu entflammen lassen und den Wahlkampf der SPD belasten würden.

Nicht ohne mein Büro

Der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder, bezifferte die Kosten der Dienstwagennutzung inzwischen auf 3200 Euro. Bislang war nur von 500 Euro Benzinkosten die Rede gewesen. In einem Schreiben an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), begründete Schröder die Entsendung des Dienstwagens außer mit dem rechtlichen Anspruch der Ministerin auch damit, dass eine für die Führung der Amtsgeschäfte notwendige "Büromindestausstattung (Drucker, Computer, Papier etc.)" nach Spanien habe transportiert werden müssen.

An- und Abtransport durch Mitarbeiter per Flugzeug sowie die Anmietung eines Leihwagens in Spanien und die Entsendung eines Fahrers hätten Kosten von 3710 Euro verursacht. Der vergangene Woche in Schmidts Urlaub gestohlene Dienstwagen wurde inzwischen wieder aufgefunden. Ob Schmidts Fahrer, wie von Schröder angedeutet, bei dem Diebstahl betäubt wurde, ist unklar.

Die engere SPD-Führung traf sich am Mittwochnachmittag zu einer Klausur in Potsdam. Am Donnerstag soll dort das Regierungsteam vorgestellt werden. Ihm gehören die übrigen SPD-Bundesminister an. Sie vertreten ihre jeweiligen Zuständigkeiten. Mitglieder sind nach SPD-Angaben zudem Vizeparteichefin Andrea Nahles, die sich dem Thema Bildung widmet. Für die innere Sicherheit spricht der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Ulrike Merten, wird die Gegenspielerin von Minister Franz Josef Jung (CDU), Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig kümmert sich um Frauen und Familie.

© SZ vom 30.7.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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