Strengere Regeln in Großbritannien:Rücksichtslose Banker sollen in den Knast

Damit nicht wieder die Welt aus den Fugen gerät, wollen die Briten die Finanzbranche bändigen. Eine Regierungskommission empfiehlt nun, Boni aufzuschieben und verantwortungslosen Bankern gar mit Gefängnis zu drohen. Doch die Politik könnte noch vor der Finanzlobby einknicken.

Von Andreas Oldag

Die britische Bankenlandschaft steht vor einem tiefen Umbruch. Nach den Empfehlungen einer parlamentarischen Kommission müssen Manager und Händler von Kreditinstituten künftige mit knallharten Strafen rechnen, wenn sie zum Schaden von Kunden und Anlegern tätig sind. Die Banker sollen im Falle von "rücksichtslosem Verhalten" sogar zu Haftstrafen verurteilt werden können. So steht es in den 571 Seiten des Berichts der Kommission. Er trägt den Titel "Banking zum Besseren verändern".

Aktueller Anlass ist in diesem Zusammenhang auch der Skandal um Manipulationen des Interbank-Zinses Libor. Händler hatten durch diese illegalen Machenschaften auf Kosten von Kreditkunden jahrelang hohe Handelsgewinne.

Auch bei den Boni sollen die Banker künftig kürzer treten. Die Kommission unter Vorsitz des konservativen Abgeordneten Andrew Tyrie fordert, dass Banken die Auszahlungen von Prämien auf bis zu zehn Jahre hinausschieben. Damit soll verhindert werden, dass Angestellte risikoreiche Handelsgeschäfte eingehen. Sie sollen keine kurzfristigen Spekulationsgewinne erzielen, nur um nach Auszahlung entsprechender Boni das Institut zu verlassen. Insgesamt enthält der 550 Seiten starke Bericht 80 Forderungen, um die Bankenbranche zu "verantwortlicherem" Handeln zu zwingen.

Die Kommission kann allerdings nur Empfehlungen aussprechen. Entscheidend wird sein, dass die konservativ-liberale Regierung die Pläne aufgreift und entsprechende Gesetzesvorlagen ins Parlament einbringt. Kritiker befürchten, dass insbesondere Finanzminister George Osborne dem Druck der Finanzlobby nachgeben und die Reformpläne verwässern könnte. Die Wirtschaft Großbritanniens ist stark von der Londoner City abhängig, dem Finanzzentrum an der Themse.

Ein früherer Händler ist in London in Zusammenhang mit Libor-Manipulationen angeklagt worden. Nach Angaben der britischen Behörde zur Untersuchung von Betrug und Korruption SFO (Serious Fraud Office) handelt es sich um den 33- jährigen Tom Hayes. Hayes war im vergangenen Dezember mit zwei anderen Personen in London festgenommen worden. US-Strafverfolger hatten den Briten bereits im Dezember angeklagt. Hayes arbeitete von 2006 bis Ende 2009 für die Schweizer UBS und wechselte danach zur US-Bank Citigroup.

Die Aufsichtsbehörden vermuten, dass Hayes und andere in der Zeit zwischen 2006 und 2010 Tausende illegale Anfragen an Kollegen gerichtet hatten, falsche Libor- Kurse zu nennen. Sie sollen zudem mit anderen Banken sowie mindestens fünf Brokern unerlaubt zusammengearbeitet haben, um Falschinformationen zu verbreiten und andere zu beeinflussen.

In den Skandal um Manipulationen der wichtigsten Referenzzinssätze der Finanzwelt sind mehrere Banken und Händler verwickelt. Die "London Interbank Offered Rate" (Libor) gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Der Zins dient als Maßstab für Geldgeschäfte in Billionenhöhe. Die UBS selbst hat bereits eine Milliarden-Strafe an US-, britische und Schweizer Behörden im Gegenzug für die Einstellung von Ermittlungen zahlen müssen.

In den Manipulationsskandal sind Großbanken rund um den Globus verwickelt. UBS, Barclays und die Royal Bank of Scotland (RBS) mussten bereits Strafen von zusammen mehr als 2,5 Milliarden Dollar zahlen. Bei der Deutschen Bank steht besonders Co-Chef Anshu Jain im Fokus. Er hat jahrelang die Investmentbanksparte geleitet, in der es zu den Manipulationen kam.

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