Absprache zu Generika:EU verhängt Bußgeld gegen Pharma-Kartell

Mehrere Pharmafirmen haben sich abgesprochen und den Markstart von billigeren Nachahmerprodukten zu einem Antidepressivum verzögert - auf Kosten der Patienten und Krankenkassen. Die EU-Kommission hat eine Bußgeldstrafe gegen die beteiligten Konzerne verhängt.

Der Darmstädter Pharmakonzern Merck muss wegen Preistreiberei ein Bußgeld von 21,4 Millionen Euro zahlen. Nach Ansicht der EU-Kommission hat Merck 2002 gemeinsam mit anderen Pharmafirmen den Marktstart von billigeren Nachahmerprodukten des Antidepressivums Citalopram in Europa verzögert.

Generika sind billigere Alternativen zu Marken-Medikamenten mit dem gleichen Wirkstoff. Sobald der Patentschutz für ein Präparat abläuft, dürfen Konkurrenten Generika produzieren. Dadurch sinken die Preise, aber eben auch die Gewinne der Marken-Hersteller.

EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia kritisierte das Pharma-Kartell. "Vereinbarungen dieser Art gehen direkt zulasten der Patienten und schaden den nationalen Gesundheitssystemen", begründete er die Entscheidung der EU-Kommission. So sei in Großbritannien nach dem Start eines Citalopram-Generikum der Preis um 90 Prozent nach unten gegangen.

Das Kartell wurde vom dänischen Konzerns Lundbeck initiiert, der Citalopram entwickelte und dann dafür sorgte, dass Generika erst später auf den Markt kamen. Lundbeck muss daher die höchste Strafe von 93,8 Millionen Euro zahlen. Auf vier Hersteller von Nachahmerprodukten, mit denen Lundbeck die Absprachen getroffen haben soll, entfällt eine Strafe von insgesamt 52,2 Millionen Euro. Dazu gehören die Merck KGaA - mit ihrer ehemaligen britischen Tochter Generics - sowie die europäische Firma Arrow, der US-Anbieter Alpharma und die indische Ranbaxy.

Laut EU-Kommission hat Lundbeck an die Konkurrenz Bestechungsgelder gezahlt, Generika-Bestände aufgekauft und dann vernichtet sowie Gewinngarantien gegeben. Insgesamt gehe es bei dem Kartell um viele Millionen Euro. Nach internen Dokumenten gründeten die Pharmafirmen einen Club, bei dem von viel Geld die Rede war, das auf alle Teilnehmer verteilt werden sollte. Solche Absprachen sind in der EU verboten und werden mit Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens geahndet.

Merck und Ludbeck wollen Einspruch einlegen

Merck will nun prüfen, Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof einzulegen, sagte ein Unternehmenssprecher in Darmstadt. Der Dax-Konzern bestätigte zwar die Existenz einer entsprechenden Vereinbarung mit Lundbeck, diese habe aber damals nicht gegen geltendes Wettbewerbsrecht verstoßen. Merck hat das Generika-Geschäft im Mai 2007 an das US-Unternehmen Mylan verkauft, haftet aber noch für ältere Rechtsrisiken. Nach Angaben des Sprechers sind Rückstellungen gebildet worden, sodass die Buße keinen Einfluss auf das Finanzergebnis haben werde.

Auch Lundbeck kündigte rechtliche Schritte gegen die EU-Entscheidung an. Die Vereinbarung habe "den Wettbewerb auf dem Markt nicht stärker eingeschränkt als über den Patentschutz hinaus, den Lundbeck bereits innehatte", so die Position des Unternehmens. Das Patent war 2003 ausgelaufen.

EU-Kommissar Almunia kündigte weitere Strafen gegen Pharmakonzerne in ähnlichen Fällen an. Derzeit läuft noch eine Untersuchung gegen den französischen Hersteller Servier.

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