Audi tauscht Entwicklungschef aus:Von wegen Vorsprung durch Technik

Zu behäbig, zu langsam, zu wenig innovativ: So urteilen die VW-Oberen über Konzerntochter Audi und greifen hart durch. Ein Jahr nach Amtsantritt muss Audis Entwicklungschef Wolfgang Dürheimer schon wieder gehen - sein Nachfolger kommt direkt von Volkswagen.

Von Thomas Fromm

Als Wolfgang Dürheimer im vergangenen Jahr Entwicklungschef bei Audi wurde, bekam er in einem Interview die Frage aller Fragen vorgelegt: Wie man eigentlich Karriere mache. Antwort: Er arbeite "fleißig und sehr präzise und lege dabei selbst eine ordentliche Schlagzahl vor". Das klang: selbstbewusst. Und effizient.

Damals ersetzte er den im Konzern kritisierten Entwicklungsvorstand Michael Dick, und er war einer von drei neuen Vorständen: Technik, Vertrieb, Einkauf - alles neu. Den Oberen der Audi-Mutter Volkswagen war die Edeltochter aus Ingolstadt zu langsam geworden, zu behäbig, zu wenig innovativ. "Vorsprung durch Technik" - vor allem die Münchner Rivalen von BMW hatten seit langem schon den Vorsprung.

Dürheimer, der gefeierte Neue von 2012, ist nun auch schon wieder Audi-Geschichte. Wie es aus Konzernkreisen heißt, soll der Manager durch VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg ersetzt werden. Besser gesagt: Hackenberg wird sich künftig zusätzlich auch um die Entwicklung bei Audi kümmern. Oder, noch besser gesagt: VW überlässt bei dem Premiumhersteller nichts mehr dem Zufall - und greift jetzt selber durch. Von Wolfsburg direkt bis nach Ingolstadt. Dass VW-Chef Martin Winterkorn mit Hackenberg seinen obersten Techniker nach Ingolstadt schickt, zeigt die Dramatik: Audi sorgt bei der Konzernmutter VW für einen großen Teil des Gewinns. Verliert die Tochter den Anschluss an die Konkurrenz, bekäme auch VW dies zu spüren.

Wenn die Dinge nicht so laufen, wie geplant, kann alles sehr schnell gehen

Managementwechsel, scharfe Kritik hinter den Kulissen, Durchgreifen. Und wieder klingt es so wie vor einem Jahr: Die Führung in Wolfsburg sei weiterhin unzufrieden; der Slogan "Vorsprung durch Technik" nicht eingelöst. Während die Münchner für ihr neues Elektroauto i3 trommeln - einen Stromer mit einer Carbon-Karosserie, der Ende des Jahres auf den Markt kommt - gehe Audi zu defensiv auf den Markt.

Zuletzt hatte es geheißen, dass Elektroversionen von Autos wie dem sportlichen R8 oder dem Kleinwagen A1 nicht weiter verfolgt werden. Da half es der Audi-Spitze um Vorstandschef Rupert Stadler wenig, dass man 2012 neue Rekorde bei Absatz und Gewinn einfuhr. Gerade VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, selbst in den 80er Jahren Audi-Chef gewesen, hat Ingolstadt scharf im Visier.

Die Ziele sind hoch gesteckt: Bis 2020 will Audi zwei Millionen Autos verkaufen und an BMW vorbeiziehen. Anders als die Hauptgegner BMW und Daimler kann sich Audi bei technischen Entwicklungen und bei der Produktion in den großen Modellbaukästen der Konzernmutter bedienen. Das hat Vorteile, wenn es ums Geld geht - Audi braucht, anders als die Konkurrenz, keine kostspieligen Partnerschaften mit Dritten. Es sind Zeiten wie diese, in denen klar wird: Audi ist vor allem eine VW-Tochter. Und wenn die Dinge nicht so laufen, wie geplant, kann alles sehr schnell gehen.

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