Männermode in Mailand:Avantgarde im Urwald

Der Mann im Kampf mit der Natur war schon Hemingways Lieblingsthema. Auf der Mailänder Fashion Week kämpft allerdings nicht ein alter Mann gegen das Meer, sondern junge Männer mit dem Mode-Dschungel. Nicht alle gewinnen den Kampf.

Von Merle Sievers

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DSquared2 - Runway - MFW S/S 2014

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Der Mann im Kampf mit der Natur war schon Hemingways Lieblingsthema. Auf der Mailänder Fashion Week kämpft allerdings nicht ein alter Mann gegen das Meer, sondern junge Männer mit dem Mode-Dschungel, so scheint es. Nicht alle gewinnen den Kampf.

Mayday, Mayday, ein Hipster ist abgestürzt: Die Designer Dean and Dan Caten inszenieren ihre Show für das Label Dsquared2 als einen Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel. Das Ergebnis ist urbane Mode, gepaart mit Entdeckergeist. Das lässige Sakko des Städters wird in Szene gesetzt von Natur, Forscherhut und Papagei.

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Oben Bräutigam, unten Insel-Braut - oder wie soll man dieses Outfit sonst deuten? Auch hier scheint es, als ob der Städter hineingeworfen wurde in den Dschungel und nun überfordert ist mit seiner Umgebung. Anzug und Baströckchen lassen den Betrachter ratlos zurück. Weniger Aloha, mehr Oha.

Frankie Morello - Runway - MFW S/S 2014

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Mit einer Paarung aus Hipster und männlichem Klischee kommt auch das Label Morello daher. Männer essen - gerne, viel und ungesund. Warum also nicht auch dazu stehen und das Junkfood sichtbar am Körper tragen? Eine berechtigte Frage, die die Designer Pierfrancesco Gigliotti und Maurizio Modica hier aufwerfen. Der Umsetzung erinnert allerdings eher an eine Hommage an Karlsson vom Dach: Ein verfressener, kleiner Lausbub mit Hang zum Abheben.

Frankie Morello - Runway - MFW S/S 2014

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Besser! Eine schlicht anmutendes Sweatshirt, bedruckt mit üppigen Früchten. Ein lässiger Adonis, entsprungen aus dem Paradies. Doch was ist weiter unten passiert - hat er sich bei der Landung auf dem Boden der Tatsachen den Fuß verstaucht und muss nun Gesundheitsschuhe tragen? Ganz klar: weiße Sandalen mit Klettverschluss sind das Symbol für die Vertreibung aus dem Garten Eden.

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Im Hause Morello scheint man sich dieses Jahr ausführlich mit Gesundheit und Ernährung zu beschäftigen. Beim flüchtigen Lesen könnte man diese Shirtaufschrift für eine politisch korrekte Botschaft halten. Beim genauen Hinsehen offenbart sich darin allerdings die Aufforderung zum Verspeisen eines Veganers, zur Rückkehr des Mannes zu seinen barbarischen Wurzeln: Am Feuer sitzen und Fleisch essen, direkt vom Knochen weg. Mister Morello, sorry, aber da bleibt ein bitterer Nachgeschmack.

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Der einsame Cowboy in der Wüste, der argentinische Gaucho auf seinem Streifzug durch die Prärie: Kean Etro ist fasziniert von fremden Kulturen und fernen Ländern, in seiner Kollektion dominiert raues Leder und grober Cord. Damit spricht der Italiener zweifellos einen Urinstinkt der Männer an. Fehlt nur noch das Lasso zum Kühe einfangen.

Etro - Runway - MFW S/S 2014

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Vor diesen Gauchos muss man sich nicht fürchten: Die Prints auf den Anzügen sollen der Kollektion einen witzig-harmlosen Touch verleihen. Die Pferde hätten in den Fünfziger Jahren auch die Zimmertapete eines Jungen schmücken können. Dazu der Schal - vom Winde verweht. Etro holt die amerikanischen Südstaaten auf den Mailänder Laufsteg.

Vivienne Westwood - Runway - MFW S/S 2014

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Als hätten sie sich abgesprochen, liefert Vivienne Westwood das Pendant zur Cowboy-Kollektion - ein Indianer in Terrakotta- und Erdtönen. Die britische Mode-Ikone ließ sich beim Entwurf ihrer Kleider von der Idee eines Picknicks in der freien Natur inspirieren. In der Tat, aus dem Stoff ließe sich wunderbar eine Decke für das Essen unter freiem Himmel schneidern.

Gucci - Runway - MFW S/S 2014

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Gucci hat den Herren die Natur quasi auf den Leib geschneidert. Allerdings - wie sollte es anders sein - verarbeitet das italienische Modehaus das Thema eher romantisch. Designerin Frida Giannini hüllt den Mann in zarte Seide mit Floraldruck. Dieser Anblick provoziert bei Frau allerdings zwei gegensetzliche Reflexe: anbeißen oder ankuscheln? Sommerdress für heiße Nächte - oder Schlafanzug?

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Bei der neuen - wohlgemerkt - Sommermode lässt Giorgio Armani sich nicht von Äußerlichkeiten wie Temperatur lenken. Dass Sommer nichts mit Wärme zu tun haben muss, erleben wir schließlich gerade zu Genüge. Die Softshelljacke mit Strickmuster kommt uns da für kühle, verregnete Abende gerade recht. Nur unbelehrbare Spötter würden dem Designer unterstellen, dass er den Faktor Kommerz hinter einer Do-it-Yourself-Masche verbergen möchte.

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Da geht Morello das Thema schon offensiver an. Die Männer sind zurück aus dem Urwald, wieder angekommen in der Zivilisation. Sie machen keinen Hehl aus ihrer Konsumgier. Eine Botschaft, durchdrungen vom Kulturpessimismus der Gegenwart: Geld kann man zwar nicht essen, aber wenigstens anziehen.

© Süddeutsche.de/vs
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