USA-Besuch des Innenministers:Vize-Präsident Biden überrascht Friedrich

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Gespräch mit US-Vize Präsident Joe Biden.

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Gespräch mit US-Vize Präsident Joe Biden.

(Foto: dpa)

In Washington schüttelt Innenminister Friedrich zwar die Hand von US-Vizepräsident Biden, doch mehr als ein wenig Erleichterung hat der CSU-Politiker der Bundesregierung nicht verschafft. Die Amerikaner sagen zu, deutsche Behörden in Zukunft besser zu unterrichten. Das reicht aber nicht, um die Affäre um die massenhafte Ausspähung Deutscher für beendet zu erklären.

Von Stefan Braun, Berlin, und Nicolas Richter, Washington

Und plötzlich tut sich eine Tür auf im Weißen Haus. Eine Tür hin zu einer endlich mal guten Botschaft. Denn herein kommt Joe Biden, der Vize-Präsident der Vereinigten Staaten. Vielleicht hatten sie das heimlich gehofft im Tross des deutschen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich. Umso mehr sind sie hinterher bestrebt, die Botschaft nach außen zu tragen: Seht her, auch Biden hat ihn empfangen. Das ist doch mal ein gutes Zeichen. Solche kleinen Überraschungsgesten sind natürlich wichtig in schwierigen Zeiten. Deshalb kann man schon Verständnis haben, dass sich der Innenminister freut, wenn seine überaus schwierige Kurzvisite in der US-Hauptstadt auch solche Botschaften bereit hält.

"Alle Gesprächspartner hier verstehen, dass es in Deutschland und Europa eine große Sensibilität gibt beim Schutz der Pri-vatsphäre", sagt Friedrich anschließend nach seinem Besuch im Weißen Haus, "das ist bei meinen amerikanischen Kollegen angekommen." Der Innenminister versucht allerdings auch, Verständnis für die USA zu wecken. Der 11. September 2001 habe die amerikanische Debatte geprägt, sagt er vor deutschen Journalisten, und er erinnert daran, dass Anschläge in Deutschland auch dank der US-Geheimdienste verhindert worden seien.

Ein Handschlag und ein paar nette Worte von Vize Biden aber schaffen die Probleme noch nicht aus der Welt, die sich da vor Friedrich aufgetürmt haben. Die Washington-Reise wird ihm und der Bundesregierung allenfalls ein bisschen Erleichterung bringen. Sicher, er traf Barack Obamas für die Terrorabwehr zuständige Beraterin Lisa Monaco und US-Justizminister Eric Holder. Doch trotz aller Gesten, die die Atmosphäre verbessern sollten - umfassende Aufklärung, so ist anschließend zu hören, hat es noch nicht gegeben.

Immerhin, ein paar kleine Erfolge kann der Minister vermelden. Die US-Regierung habe zugesagt, bestimmte Unterlagen über US-Geheimdienst-Aktivitäten zu "deklassifizieren", also deren Einstufung als geheim aufzuheben. Außerdem habe die US-Regierung klargestellt, dass sie keine Industriespionage betreibe und das Internet-Überwachungsprogramm "Prism" auf die Themenfelder Terrorabwehr, Proliferation und organisierte Kriminalität beschränkt sei. Und schließlich seien die Amerikaner bereit, ein Abkommen aus dem Kalten Krieg zu streichen, das Deutschland gegenüber den USA zur Auskunft in Geheimdienstfragen verpflichtet. Friedrich sagte, das Abkommen werde nicht mehr genutzt, könne aber das "Missverständnis" schaffen, dass die Bundesrepublik nicht souverän sei. Der Vertrag soll revidiert werden.

Das sind kleine Fortschritte, ohne dass man von Durchbrüchen reden könnte. Und deshalb dürfte für Friedrich die Gefahr groß bleiben, dass er zwar Engagement gezeigt hat, aber - noch - nicht mit echter Aufklärung heimkehrt. Er wird wenig vorweisen können, um die Affäre um die Ausspähung der Deutschen durch US-Geheimdienste glaubhaft für beendet zu erklären.

Friedrich dürfte das schon vorher geahnt haben. Es musste ihm klar sein, dass die US-Geheimdienste und ihre politischen Vorgesetzten nichts Relevantes preisgeben würden. Das ist wenig befriedigend. Nicht für die Opposition, die versuchen wird, weiter Honig aus der Affäre zu saugen. Aber auch nicht für eine Regierung, die mehr braucht, um sich der Angriffe zu erwehren.

Wie heikel die Sache ist, zeigt am Freitag ein Blick auf das jüngste Politbarometer. Die Umfrage offenbart, dass die große Mehrheit der Deutschen der Bundesregierung und den deutschen Geheimdiensten in der NSA-Ausspähaffäre wenig glaubt. 87 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die deutschen Geheimdienste von den gigantischen Datensammlungen wussten. Und noch mehr als drei Viertel der Befragten sind überzeugt, dass das auch für die Bundesregierung gilt. Viele Menschen also schenken der Regierung in dieser Frage keinen Glauben. Daran dürfte auch die Ankündigung Friedrichs nichts ändern, dass er Justizminister Holder bald wieder sprechen werde: im September in Rom.

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