Eintracht Frankfurt:Im Zentrum der Krise

Die Frankfurter Eintracht wünscht sich Verstärkungen, muss aber mit deutlich weniger Geld auskommen als in der Vergangenheit. Eine Überweisung über 740.000 Euro sorgt für Ärger.

Christoph Hickmann

Michael Skibbe mochte die Sache nicht überbewerten, stattdessen hatte er sogar noch ein Lob übrig. "Ordentlich" habe der Brasilianer Caio das gemacht, "ich bin zufrieden", sagte der Trainer der Frankfurter Eintracht, nachdem Caio erneut an Skibbes Ausdauertest gescheitert war. Der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte war nicht der einzige Spieler, der den Dauerlauf hatte abbrechen müssen, was Skibbe nach eigenem Bekunden ebenfalls nicht als weiter schlimm empfand - der Laktatwert sei ja "nur ein Anhaltspunkt", sagte der Trainer, bevor er sich am Dienstag mit der Mannschaft ins zweite Trainigslager nach Kärnten aufmachte. Vorstandschef Heribert Bruchhagen reiste zunächst nicht mit, bemühte sich allerdings am Dienstag ähnlich wie Skibbe darum, bestimmte Dinge nicht zu hoch zu hängen. In seinem Fall jedoch ging es nicht um Laktatwerte, sondern um Geld.

Eintracht Frankfurt: Frankfurts Trainer Michael Skibbe wünscht sich weitere Verstärkungen.

Frankfurts Trainer Michael Skibbe wünscht sich weitere Verstärkungen.

(Foto: Foto: dpa)

Darum hatte es zuvor einige Scharmützel gegeben zwischen dem Verein unter Präsident Peter Fischer und der von Bruchhagen geführten Fußball AG. Konkret hatte Bruchhagen moniert, dass ihm 740.000 Euro fehlen, die zusätzlich als Dividende größtenteils an den Mutterverein geflossen waren. Ursprünglich sollten nur 420.000 Euro ausgeschüttet werden, doch die Hauptversammlung hatte den Betrag deutlich erhöht.

Von "überraschenden Geldabflüssen" hatte Bruchhagen in diesem Zusammenhang gesprochen, während Eintracht-Präsident Peter Fischer sich per Interview verteidigte und als Grund anführte, dass die U 23 in die Regionalliga aufgestiegen sei, was höhere Kosten verursache. Die U23 ist nicht bei der AG angesiedelt, sondern gehört zum Mutterverein. Bruchhagen wiederum bemühte sich am Dienstag, das Ganze zu relativieren: Die höhere Dividende werde "das Wohl und Wehe von Eintracht Frankfurt nicht beeinflussen".

Tatsächlich aber war es einerseits um die Summe an sich gegangen, auf der anderen Seite aber auch um mangelnde Kommunikation. Die hatte Präsident Fischer bereits eingeräumt, doch Bruchhagen klang noch immer nicht besonders fröhlich, als er am Dienstag sagte, die ganze Angelegenheit sei schon "überraschend" gewesen. Es gebe zwar "keinen Konflikt" mit Fischer, aber es sei doch selbstverständlich, "dass wir nicht amüsiert sind": "Wir wirtschaften hier mit Augenmaß und Vernunft und setzen uns oft der Kritik aus, weil wir die Erwartungshaltung nicht erfüllen." Da sei es für ihn als Vorstandschef nun einmal "nicht schön", auf Geld verzichten zu müssen, mit dem man gerechnet hatte.

Und da liegt der eigentliche Punkt. Die erhöhte Dividende ist nur einer von mehreren Faktoren, die zusammengenommen den finanziellen Spielraum der Eintracht sehr einengen. Laut Bruchhagen sind jene Spieler teurer geworden, deren Verträge man verlängert hat; zudem rechnet der Vorstandschef nach eigenen Angaben damit, dass in der kommenden Saison die Einnahmen zurückgehen. So seien etwa in den vergangenen drei Jahren sämtliche Logen ausgebucht gewesen, was auch für die sogenannten Business-Seats gegolten habe.

Derzeit aber sei ein Drittel aller Logen noch nicht vermarktet. Als Grund führt er die allgegenwärtige Krise an, die Frankfurt als Finanzzentrum der Republik deutlich stärker treffe als andere Städte - und damit auch die Frankfurter Eintracht. Hinzu kämen niedrigere Fernseheinnahmen, was alles in allem auf eine Mindereinnahme von etwa fünf Millionen Euro hinauslaufe. "Das ist schwierig", sagt Bruchhagen. "Aber warum soll es uns im Fußball anders gehen als anderen mittelständischen Unternehmen in Frankfurt?"

Als solches will die Eintracht nun noch Spieler abgeben, um sich Spielräume zu schaffen. Mit denen, die es betreffe, habe er bereits gesprochen, sagt Bruchhagen, der gern den Schweizer Pirmin Schwegler aus Leverkusen holen würde, allerdings die offenbar geforderte Millionenablöse nicht zahlen will.

Offensiven, attraktiven Fußball hatte der neue Trainer Skibbe zum Amtsantritt versprochen, und Bruchhagen verwahrt sich vorsorglich schon einmal gegen die Einschätzung, der sei mit dem aktuellen Kader nicht möglich. "Wir haben keine schlechte Mannschaft", sagt er, doch es gebe eben unterhalb von Platz zehn eine ganze Reihe von Klubs mit ähnlicher Leistungsstärke. Und weil er Geld nur in sehr begrenztem Maß zur Verfügung hat, macht Bruchhagen noch klar: "Mit Geld allein kann man das Potential eines Teams nicht ausschöpfen."

Das soll wohl, so sehr er sich Verstärkungen wünschen mag, nichts anderes heißen als: Was nicht geht, das geht nun einmal nicht - und dann muss eben jeder Einzelne noch ein bisschen besser werden. Trainer Skibbe wird in Kärnten daran arbeiten. Das wird nicht ganz einfach, was allerdings zur Abwechslung nichts mit Geldsorgen zu tun hat: Am Montag musste Ioannis Amanatidis wegen Kniebeschwerden das Training abbrechen. Und der Brasilianer Chris konnte erst gar nicht mitkommen ins Trainingslager. Weil ihn wieder Rückenbeschwerden plagten, sollte er in Frankfurt bleiben und versuchen, die Probleme mit einem Reha-Programm in den Griff zu bekommen.

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