Starnberg:Familie fordert Aufklärung

Trauerfeier für Heinrich W., der von Polizisten erschossen wurde.

Christian Deussing

StarnbergMan wisse nicht, welche Finsternis er durchlitten habe, sagte Diakon Bernhard Neumeier bei der Urnenbestattung von Heinrich W. am Dienstagnachmittag auf dem Friedhof an der Hanfelder Straße in Starnberg. Der Geistliche ist ein Cousin des 72-jährigen Rentners, der am 7. Juni mit einem Küchenmesser die Starnberger Polizeiwache betreten hatte und dort in einem Gang von drei Beamten erschossen worden war. Der Diakon aus Wieselburg in Niederösterreich verliert bei seiner Traueransprache kein Wort über das dramatische Ereignis in der Inspektion. Doch nach der Zeremonie sagt er der SZ, dass die Familie eine "konsequente Aufklärung" des Falles wünsche. Ein anderer Cousin des Getöteten betont, dass er noch immer nicht nachvollziehen könne, warum die Polizei die Situation in der Wache nur mit tödlichen Schüssen lösen konnte. Eine weitere Verwandte zeigt sich enttäuscht darüber, dass kein Vertreter der Polizei zu der Trauerfeier erschienen ist. "Wenigstens eine Blume als kleine Geste hätte man doch ans Grab legen können", sagt die Frau.

Etwa 40 Trauergäste sind gekommen, darunter etliche aus der Starnberger Siedlung "Schwaige", in der Heinrich W. 20 Jahre mit seiner Tante gewohnt hat. Ihren Tod vor eineinhalb Jahren hatte der gelernte Bauschlosser offenbar nicht verkraftet. Das habe "unseren Heinerl seelisch aus der Bahn geworfen", meint der Trauerredner. Das glauben auch Anwohner von Heinrich W. Das sei für ihn nicht einfach gewesen, aber er sei deshalb kein gewalttätiger Mensch geworden, so der Tenor. Eine ältere Frau kannte den Rentner auch schon viele Jahre. Sie ist noch immer fassungslos, dass der Mann durch Polizeikugeln sterben musste. "Wie das alles gelaufen ist, das ist schon unglaublich", sagt sie.

Ein Verwandter von Heinrich W. hat ihn wenige Wochen vor dessen Tod in einer psychiatrischen Klinik in Gauting besucht. Zuletzt habe er von akuter Geldnot gesprochen und daher wohl Ängste entwickelt, vermutet der Trauergast. Eventuell sei dies auch ein Auslöser gewesen, die Polizei aufzusuchen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte Heinrich W. unter paranoider Schizophrenie gelitten. Er war mehrfach in Kliniken behandelt worden und soll Drohbriefe an etliche Personen geschrieben haben. Mit dem Tod des Mannes und den genauen Ablauf des Geschehens in der Polizeiwache befassen sich seit Wochen Experten vom Landeskriminalamtes (LKA). Der Rentner hatte die Beamten mit einem Messer angegriffen und wurde mit sechs Schüssen niedergestreckt - eine Kugel traf ihn in den Kopf. Das ballistische Gutachten soll weitere Erkenntnisse zu dem Hergang liefern - allerdings ist die Untersuchung noch nicht abgeschlossen, wie gestern ein LKA-Sprecher auf SZ-Anfrage mitteilte.

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