Verhaltensregeln in Unternehmen:Streit um rote Karten für Deutsche-Bank-Mitarbeiter

Jürgen Fitschen Anshu Jain Deutsche Bank

Die Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen (li.) und Anshu Jain

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Um das Image der Deutschen Bank zu verbessern, haben die beiden Chefs einen Katalog neuer Unternehmenswerte erarbeiten lassen. Doch es hakt bei der Umsetzung des "Kulturwandels". Die Arbeitnehmer haben vor allem gegen eine Idee Bedenken: Rote Karten, mit denen Verstöße der Mitarbeiter geahndet - und dann möglicherweise sogar in einer Datenbank gespeichert werden.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Es ist das Stichwort, mit dem Anshu Jain und Jürgen Fitschen ihren Amtsantritt bei der Deutschen Bank überschrieben haben: Kulturwandel. Damit wollten die neuen Chefs das ramponierte Image des größten deutschen Geldhauses wieder aufmöbeln, das durch eine Vielzahl von Skandalen und Rechtsstreitigkeiten enorm gelitten hatte. Stolz stellten die beiden an diesem Mittwoch ihrer Belegschaft einen neuen "Meilenstein" des Kulturwandels vor: Es sind die überarbeiteten Werte des Unternehmens. Darin finden sich viele tolle Schlagworte - wie "Integrität", "Kundenorientierung" oder "Partnerschaft".

Doch bei der Umsetzung hakt es. Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, legen sich die Belegschaftsvertreter bei einer Maßnahme quer: Sie haben Bedenken dagegen, dass Verstöße der Mitarbeiter gegen die neuen Regeln mit einem System "roter Karten" geahndet und diese Verstöße dann möglicherweise in einer Datenbank gesammelt werden. Damit spüren Jain und Fitschen bei ihrem Kulturwandel-Vorhaben erstmals richtig Gegenwind.

Noch sind die Pläne zu dieser "red flag policy", wie sie in der Bank genannt werden, nicht ausformuliert. Aber die Planung geht dahin, dass Verstöße einzelner Mitarbeiter gegen Unternehmenswerte und Verhaltensregeln Einfluss auf Gehalt und Beförderungschancen haben soll. "Bei Führungskräften gibt es diese Regeln jetzt schon - wir haben aber Bedenken, ob man das einfach so auf die gesamte Belegschaft ausweiten sollte", heißt es in Arbeitnehmerkreisen. Auf jeden Fall müssten die Belegschaftsvertreter zustimmen, wenn derartige Daten der Mitarbeiter gespeichert würden.

Ganz neu eingeführt wurde der Wert "Disziplin"

Dass der Erfolg des Kulturwandels mit der Umsetzung dieser Werte steht und fällt, ist den beiden Bank-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen bewusst. Es gehe jetzt darum, die Werte "im täglichen Miteinander aktiv mit Leben zu erfüllen", sagte Anshu Jain in einem bankintern veröffentlichen Interview. Der neue Wertekanon wurde den Mitarbeitern der Deutschen Bank am Mittwoch per E-Mail und Intranet vorgestellt.

In die Überarbeitung der Unternehmensgrundsätze waren Mitarbeiter sämtlicher Ebenen seit rund zehn Monaten involviert. Jürgen Fitschen sprach vom "wohl umfangreichsten internen Dialog in der jüngeren Geschichte der Deutschen Bank". Zunächst wurden Mitarbeiter befragt, 52.000 - mehr als die Hälfte der gesamten Belegschaft - haben sich daran beteiligt. Später wurde in Kleingruppen diskutiert, Einzelgespräche wurden geführt. Und als letzter Schritt wurden diese Ergebnisse mit den 250 Top-Führungskräften der Bank besprochen und bearbeitet. "Es reicht nicht, wenn nur einige wenige Personen diesen Wandel vorgeben. Deshalb haben wir unsere Mitarbeiter ins Boot geholt und sichergestellt, dass ihre Meinungen einfließen", sagte Jürgen Fitschen. Es sei wichtig, dass das Papier nicht von externen Beratern komme, sondern von innen heraus entstanden sei.

Und so wurde dem Wert "Leistung" das Wort "nachhaltig" vorangestellt, um zu betonen, dass die Kurzfrist-Perspektive ausgedient habe. Statt "Vertrauen" wählte man "Integrität", weil man sich Vertrauen erst erarbeiten müsse, wohingegen Integrität die Art und Weise sei, mit der man sich das Vertrauen erarbeite. Bei weiteren Werten wie Kundenorientierung, Innovation und Partnerschaft gab es vor allem Änderungen bei der genaueren Definition, was darunter zu verstehen ist. Ganz neu eingeführt wurde der Wert "Disziplin" - ein Hinweis, dass der Leistungsgedanke innerhalb der Bank durchaus noch stark vertreten ist. "Wir erreichen operative Exzellenz, indem wir alles, was wir tun, möglichst schon im ersten Anlauf richtig machen", ist eine der Präzisierungen.

Für die meisten Mitarbeiter seien das Selbstverständlichkeiten, heißt es in Arbeitnehmerkreisen. Dennoch sei es positiv, dass man diese Werte nun noch einmal transparent darstelle.

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