Enoch zu Guttenberg über seinen Sohn:"Delphin im Haifischbecken"

Enoch zu Guttenberg ist Dirigent, Umweltschützer und Vater von Wirtschaftsminister Karl-Theodor. Mit der SZ spricht er über die Stärken seines Sohns und erklärt, warum seine Kinder so viele Vornamen haben.

H.Effern und A. Ramelsberger

Enoch Freiherr zu Guttenberg ist ein weithin bekannter Dirigent, Umweltaktivist der ersten Stunde und Vater von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der 62-Jährige attestiert seinem Sohn Leidenschaft, Rückgrat und Durchsetzungsvermögen. Und er prophezeit, dass man von den Guttenbergs bundesweit noch überrascht sein wird.

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Dirigent Enoch von und zu Guttenberg: "Eine grundsätzliche innere Unabhängigkeit sollte bei jedem Menschen vorhanden sein."

(Foto: Foto: ddp)

Im Folgenden haben wir Auszüge aus dem Interview aufbereitet. Das gesamte Interview lesen Sie in der SZ vom 15. Juli 2009 auf Seite 5.

Umweltschutz ist Enoch Freiherr zu Guttenberg eine Herzensangelegenheit. Wie passt seine Leidenschaft zusammen mit der Wirtschaftspolitik, für die sein Sohn in der Regierung verantwortlich ist? Der Freiherr hat eine Antwort:

"Ich bin ja nicht gegen Wirtschaft. Ich bin für eine maßvolle an den ökologischen Bedingungen orientierte Wirtschaftspolitik. Dass die Umwelt nicht die Hauptrolle spielt bei einem, der Bundeswirtschaftsminister ist, das ist doch klar."

Nicht zuletzt mit seiner Haltung zur Opel-Rettung hat sich Sohn Karl-Theodor in der Regierung Kritik eingehandelt. Für Enoch zu Guttenberg über den Mut zur eigenen Meinung:

"Meinem Sohn und mir wird, wenn wir eine eigene Meinung vertreten, entgegengehalten: Sie sind ja unabhängig. Dann stellt sich doch die Gegenfrage: Sind Sie etwa abhängig oder wie? Natürlich tut sich der eine oder andere leichter in seiner Unabhängigkeit, aber eine grundsätzliche innere Unabhängigkeit sollte bei jedem Menschen vorhanden sein."

Ein Stock zwischen Stuhl und Rücken

Zu den heutigen Politikern hat zu Guttenberg seine ganz eigene Meinung:

"Die Leute wollen Macht, um ihre Ideen durchzusetzen. Das ist legitim und richtig. Sie verraten aber dann oft ihre Ideen um des Erhalts der Macht willen. Da frage ich mich dann: Für was brauchen die dann noch Macht?"

In seiner Familie lerne man, sich dem Anpassungsdruck wenn nötig zu widersetzen, so zu Guttenberg. Deshalb macht er sich keine Sorgen, dass Sohn Karl-Theodor diesem erliegen könnte:

"Der wird das schon aushalten, da bin ich mir ganz sicher. Dafür ist der zu viel Guttenberg."

"Rückgrat" spielt in der Familie zu Guttenberg schon immer eine wichtige Rolle. Enoch zu Guttenberg erinnert sich, wie einst ihm diese Eigenschaft beigebracht wurde:

"Auch äußerlich: Bei Tisch haben wir als Kinder von meinem Großvater schon mal einen Stock zwischen Stuhl und Rücken geklemmt bekommen, damit wir gerade sitzen."

Übernommen hat er diese Methode für seine Kinder nicht. Dennoch:

"Dass meine Kinder ausreichend Rückgrat haben, das garantiere ich Ihnen. Es wird ja meinem Sohn jetzt schon vorgeworfen, dass er bei der Rettung von Opel mit Rücktritt gedroht hat und dann nicht zurückgetreten ist. Ich kann nur sagen, was ich von ihm weiß: Wenn ich euch störe mit meiner Meinung, hat er gesagt, dann gehe ich. Und das wird er auch tun. Wenn die anderen sagen: Wir brauchen dich trotzdem, dann überlegt er sich das. Aber dass er nur wegen der Macht etwas täte, da bin ich mir ganz sicher: Nein. Da ist der viel zu souverän. Der hat als Kind schon ein wahnsinniges Pflichtbewusstsein gehabt, wie auch mein anderer Sohn. Wenn ich abends weg musste und gesagt habe, ihr seid um neun im Bett und das Licht ist aus, dann war das so."

Natürlich musste Enoch zu Guttenberg im SZ-Interview auch auf die Frage nach den Vornamen seiner Kinder antworten:

"Ich habe sogar noch ein paar mehr als mein armer Sohn. Trotzdem ist es eine schöne Tradition. Wir heißen zum Beispiel alle Maria zu Ehren der Gottesmutter. Dann heißt man immer auch wie der Vater und der Großvater. Dazu kommt der Heilige, an dessen Tag man geboren ist, und wenn Sie Pech haben sind das gleich zwei, da kommen schnell ein paar Namen zusammen. Die Namen können aber auch eine Qual sein: Was meinen Sie, was ich in der Schule unter meinem Vornamen Enoch gelitten habe? Da wird man schnell zum Eunuch Guttenberg."

Er ist ein Delphin im Haifischbecken

Nicht nur wegen der Menge an Vornamen, auch wegen des "zu" im Familiennamen musste Karl-Theodor nach seiner Ernennung zum Bundesfinanzminister einiges anhören. Auch dazu äußert sich Vater Enoch:

"Jeder Bohei, nur weil einer einen Namen trägt wie wir ihn durch Zufall tragen, ist unangemessen. Reden wir trotzdem davon. Das Privileg, möglicherweise mehr zu haben als jemand anderer, ist mit der Pflicht verbunden, dieses Mehrhaben in die Allgemeinheit einzubringen. So sind wir erzogen worden. Natürlich ist man mit einem solchen Namen eine öffentliche Person. Das ist aber mehr Last als Lust. (...) Ich bin stolz auf die Leistung meines Sohnes. Und zwar einfach, weil man messen kann, was der tut. Mein Vater ist krank geworden und mit 51 Jahren gestorben, weil er sich eingebracht hat bis zum Nicht-mehr-können. Damals ging es um die Ostpolitik."

Der Enthusiasmus liegt in der Famile, sagt Enoch zu Guttenberg:

"Mir tut jeder Mensch leid, der keine Leidenschaft hat. Wobei Leidenschaft eben Leiden schafft. Aber auch die Liebe ist immer irgendwie mit Leid verbunden. Wenn einer sein Land nicht liebt und für dieses Land nicht leidet, bringt er sich auch nicht ein. Das gilt auch für die Politiker, die durchdrungen sind von ihren Pflichten und Ideen. Was solche für den Staat geben, das sollte mehr anerkannt werden.

Zu den Möglichkeiten seines Sohnes, das Land zu verändern, sagt Enoch zu Guttenberg:

"Allein die Tatsache, dass sich so ein junger Mann hinstellt und macht, nicht Macht macht, sondern etwas tut - das allein bewegt. Ich sehe ja, wie die Leute auf ihn reagieren. (...) Auch wenn das nicht so ausschaut: Der ist eine ganz demütige Natur, der hat Demut vor seinem Amt. Und er hat hohen Respekt vor anderen Leuten, die solche Ämter ausfüllen. Deswegen habe ich da keine Angst, dass er abhebt. Dass er möglicherweise zum Popstar gemacht wird, dass man das auch genießen kann, das kann schon sein. Ich genieße es auch, wenn meine Musik bei den Menschen ankommt. Aber er ist viel ernsthafter als das vielleicht den Anschein hat, wenn er da als junger Strahler antritt."

Als Karl-Theodor zu Guttenberg bei seiner USA-Reise auf dem New Yorker Times Square für Fotos posierte, fanden das manche zu protzig. Vater Enoch sieht das anders:

"Aber da hat er doch wunderbar argumentiert: Was soll ich auf dem Zentralfriedhof? Er ist im Gegensatz zu mir eben Optimist. (...) Für mich ist er ein Delphin im Haifischbecken. Und solange er Delphin bleibt, habe ich keine Angst. Und ich bin mir sicher, er wird das bleiben, weil er eine ehrliche Haut ist. Der spielt nicht."

Das Gespräch führten Heiner Effern und Annette Ramelsberger.

Enoch von und zu Guttenberg ist der Vater von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der 62 Jahre alte Dirigent lebt auf dem alten Familiensitz Guttenberg in Franken und in dem kleinen Ort Neubeuern in der Nähe des Chiemsees. Guttenberg ist seit seiner Jugend überzeugter Umweltschützer und hat in den sechziger Jahren den Bund Naturschutz gemeinsam mit seinem Freund Hubert Weinzierl gegründet. Seit 1967 leitet er als Dirigent die Chorgemeinschaft Neubeuern und ist Intendant der Festspiele Herrenchiemsee. Guttenberg hat nach der Trennung von seiner ersten Frau Christiane von und zu Eltz die beiden Söhne Karl-Theodor, geboren 1971, und den zwei Jahre jüngeren Philipp-Franz selbst aufgezogen. Er war einer der wenigen alleinerziehenden Väter der siebziger Jahre. Vor wenigen Jahren hat der Dirigent mit seiner zweiten Frau, einer Kapellmeisterin mit italienischen Wurzeln, noch zwei Söhne bekommen. Guttenberg tritt nach wie vor für den Schutz der Umwelt ein.

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