Urteile und Vorschriften zum Grillen:Wo die Kohlen glühen dürfen

Grillen

Ärger statt Sommergenuss. Beschweren sich Nachbarn oder Vermieter, wird das Grillen schnell zu einem juristischen Problem

(Foto: misterQM / photocase.com)

Ein Schlafzimmer voller Qualm und johlende Nachbarn: Unbemerkt zu grillen, ist so gut wie unmöglich. Doch können einem die Nachbarn das Barbecue auf dem eigenen Balkon tatsächlich verbieten? Ein Überblick über das deutsche Grill-Recht.

Von Christina Metallinos

Die Bratwürste brutzeln auf dem heißen Rost und duften verführerisch, die Freunde sind nach der Sportschau noch zum Essen geblieben. Man sitzt bei Bier zusammen und lässt den Samstag mit Fleisch vom Grill ausklingen. Was für den einen nach dem perfekten Sommerabend klingt, ist des Nachbarn Leid: Dessen Wohnung stinkt nach Fett und Qualm und das unentwegte Flaschenklirren macht es unmöglich, die Kinder ins Bett zu bringen. Aber wie sieht die rechtliche Lage aus? Was ist beim Grillen überhaupt erlaubt?

Gerichtsurteile nach Einzelfällen

Deutschlands Richter sind sich selbst nicht einig, wie oft man denn nun auf dem eigenen Balkon im Sommer grillen darf. "Es kommt immer auf die Umstände des Einzelnen und die Gegebenheiten des Grundstücks an", sagt Dorothea Modler, Juristin beim Mieterverein München. "Die Gerichte versuchen eigentlich immer, einen Kompromiss zu finden und die Interessen der Grillfreunde und -gegner gleichermaßen zu berücksichtigen."

Das Amtsgericht Bonn (Az. 6 C 545/96) entschied, dass von April bis September maximal einmal pro Monat auf dem eigenen Balkon oder der Terrasse gegrillt werden darf, wenn man denn den Nachbarn 48 Stunden vorher Bescheid gibt. In Stuttgart (Az. 10 T 359/96) dagegen war das Landgericht der Ansicht, dass sechs Stunden pro Jahr auf der Terrasse hinnehmbar sind. Das Landgericht Aachen (Az. 6 S 2/02) urteilte, dass zweimal im Monat zwischen 17 und 22:30 Uhr im hintersten Teil des Gartens gegrillt werden darf, das Oberlandesgericht Oldenburg (Az. 13 U 53/02) setzte die Höchstgrenze von viermal jährlich bis Mitternacht und das Bayerische Oberste Landgericht (Az. 2 Z BR 6/99) entschied, dass maximal fünfmal im Jahr Grillen auf Holzkohlefeuer im Garten erlaubt ist, wenn der Abstand zu den klagenden Nachbarn mindestens 25 Meter beträgt. Am tolerantesten zeigte sich das Amtsgericht Schöneberg (Az. 3 C 14/07), das gelegentliches Grillen folgendermaßen in seinem Urteil beschrieb: etwa zwei Stunden bis 21 Uhr, 20 bis 25 mal jährlich.

"Ich denke, man kann sich auf einmal Grillen pro Monat verständigen", sagt Dorothea Modler. Bei maximal fünf Grillabenden im Jahr käme man bei einem Sechs-Parteien-Haus in der Theorie immerhin auf 30 Abende, wenn jeder an unterschiedlichen Tagen den Grill anheizt.

Feste Gebiete im Park und an der Isar

Wer dem Ärger mit den Nachbarn gleich aus dem Weg gehen will, den zieht es in München an die Isar oder in die Parks. Dort ist in den offiziellen Grillzonen der Stadt das Grillen mit Holzkohle- und Gasgrills erlaubt. An der Isar beginnt die Zone südlich der Brudermühlbrücke, im Norden gibt es noch einige Stellen in Oberföhring, an denen man am Fluss grillen darf. Echte Lagerfeuerromantik darf jedoch nicht aufkommen - denn Boden- und Holzfeuer sind verboten. Das gilt auch für Grills, die niedriger als 30 Zentimeter sind.

In den meisten Berliner Parks darf nicht gegrillt werden, einige Ausnahmen gibt es jedoch. Grillfreunde sollten deshalb darauf achten, dass sie ihren Grill nur in ausgewiesenen Bereichen aufstellen. Auch die Hansestadt Hamburg hat eine Übersicht über geeignete Grillplätze in der Stadt zusammengestellt. Auf der Michelwiese gibt es als Pilotprojekt sogar elektrische Grillstationen mit Münzeinwurf: Für zwei Euro kann man dort 20 Minuten sein Fleisch auf den heißen Edelstahlplatten grillen.

Elektrogrill für den Haussegen

Auch wenn keine Einigkeit hinsichtlich der Dauer und Häufigkeit des Grillens herrscht: Klar ist, dass sich die Nachbarn nicht unzumutbar beeinträchtigt fühlen dürfen. Dorothea Modler und ihre Kollegen beschäftigen sich gerade in den Sommermonaten regelmäßig mit Beschwerden über den Nachbarn am Grill, insbesondere über Rauch, der ins eigene Schlafzimmer zieht. Für den lieben Hausfrieden empfiehlt die Juristin, einen Gas- oder Elektrogrill zu verwenden, da diese nicht qualmen. "Zusätzlich raten wir zu Alu-Grillschalen, damit kein Fett heruntertropft", sagt sie.

Ein Grundrecht aufs Grillen gibt es nicht. Der Vermieter kann einem bereits im Mietvertrag oder nach Beschwerden der Nachbarn verbieten, auf dem Balkon oder der Terrasse zu grillen. Hält man sich nicht daran, riskiert man eine Abmahnung oder gar die Kündigung des Mietvertrags, wenn man sich schon mehrere Verstöße geleistet hat. Wer in der eigenen Wohnung lebt, darf auch nicht einfach drauflos grillen. "Auch ein Eigentümer, der ja in einer Eigentümergemeinschaft lebt, darf seine Wohnung nur so nutzen, dass niemand beeinträchtigt wird", erklärt Modler.

Dennoch betont Dorothea Modler: "Solange sich kein Mieter beim Vermieter beschwert, bekommt man ja in der Regel kein Problem." Wer nicht jeden Tag grille und auf Nachbarn, die den Geruch nicht mögen, Rücksicht nehme, könne Konflikte so meistens vermeiden. "Den Nachbarn einfach einzuladen, ist auch immer eine Lösung. Und wenn man etwas Größeres vorhat, eine kleine Feier etwa, sollte man das vorher ankündigen, damit die Nachbarn die Möglichkeit haben, an dem Abend vielleicht woanders hinzugehen", sagt die Juristin. Wenn man sich dann noch an den Lärmschutz hält und nach 22:00 Uhr leiser ist, muss man weder auf Grillfleisch noch auf den Haussegen verzichten.

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