Energiekosten:Heizung schickt Zählerstand auf Smartphone

Heizkörper, 2009

Heizung 1.0, ohne Internetanschluss

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wie viel Mieter an Energie für Wärme verbrauchen, erfahren sie nur einmal im Jahr mit der Nebenkostenabrechnung. Das könnte sich bald ändern, wenn moderne Heizzähler den Stand per Funk aufs Smartphone oder den Computer übertragen - und den Mietern so beim Sparen helfen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Der Schock kommt meist, wenn der Winter schon lange vorüber ist. Wie viel sie verbraucht haben, erfahren die meisten Mieter und Besitzer von Eigentumswohnungen erst weit später aus der Nebenkosten-Abrechnung. Viel ändern können sie dann nicht mehr, und im Winter darauf ist der Schock schon lange vergessen. "Der Mieter hat keine Möglichkeit, sein Heizverhalten zu überprüfen und zu korrigieren", beklagt Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes. Es sei denn, das ließe sich öfter ermitteln. Und siehe da: So schwer ist das gar nicht.

Neue Heizzähler machen das möglich. Anders als früher übertragen sie den Zählerstand per Funk. Das ist vor allem für die Ableser von Vorteil; sie müssen nicht mehr jede Wohnung einzeln aufsuchen, um den Stand irgendwelcher Röhrchen abzulesen - stattdessen lesen sie den Verbrauch von außerhalb der Wohnung ab. Die Zähler sind zwar etwas teurer als die herkömmliche Variante, aber auch für Mieter bequemer. Sie müssen nicht mehr einmal im Jahr dafür sorgen, dass die Ablesefirma Zutritt zur Wohnung erlangt. Und überhaupt: Warum nur einmal im Jahr?

In einem Feldversuch sollen demnächst 200 Wohnungen in München, Berlin und Essen mit zusätzlicher Technik ausgerüstet werden. Damit kann man künftig noch während des Winters überprüfen, wie viel man an Wärme verbraucht, wie viel das kostet, wie man im Vergleich zum Vorjahr dasteht. "Wir wollen überprüfen, wie hoch das wirtschaftlich zu erzielende Einsparpotenzial im Alltag ist", sagt Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur, die das Projekt koordiniert. Als Testgebäude sind Mietshäuser großer Wohnungsfirmen aus verschiedenen Epochen und von unterschiedlicher Größe ausgewählt.

Bis zu 20 Prozent lassen sich einsparen

Die Mieter freilich müssen mitspielen - und ihren Verbrauch tatsächlich regelmäßig überprüfen. Der Heizkörper kann sich in Zukunft sogar mit einer Nachricht auf dem Smartphone oder Computerbildschirm melden - etwa mit der Botschaft, dass der Verbrauch im Dezember viel höher ist als im Dezember des Vorjahres. "Theoretisch muss es so sein, dass derjenige, der ständig sehen kann, was er verbraucht, auch sein Verhalten ändert", sagt Mieterbund-Chef Siebenkotten. Sprich: Bewusst die Heizung runterdreht. Zumal die Nebenkosten in den vergangenen Jahren noch stärker stiegen als die Kaltmieten in Deutschland. Und 55 Prozent dieser Nebenkosten entfallen nur auf Heizung und Warmwasser - je Quadratmeter und Monat im Schnitt 1,24 Euro. Bei einer 100 Quadratmeter großen Wohnung macht das im Jahr 1500 Euro.

Nach Auffassung des Essener Ableseunternehmens Ista International ließen sich davon etwa 15 bis 20 Prozent einsparen, allein durch die häufigere Selbstkontrolle der Bewohner. Der Aufwand ist dabei sogar recht überschaubar. Schon jetzt werden peu à peu die alten Heizkostenverteiler nach dem Verdunstungsprinzip durch Funk-Messgeräte ersetzt; auch wenn es dafür keinerlei gesetzliche Vorgaben gibt. Würden bundesweit alle Wohngebäude mit Funkverteilern ausgestattet, und würden deren Bewohner dann tatsächlich ihren Wärmeverbrauch drosseln, dann ließe sich so viel Energie einsparen, wie ein Kernkraftwerk im Jahr erzeugt, rechnet Ista vor. "Und das ist komplett massenmarkttauglich", schwärmt Ista-Chef Walter Schmidt. Es winkt ein neues Geschäftsmodell für die Ablesefirmen. In Ländern wie Polen, Bulgarien oder Rumänien haben sich übrigens jetzt schon die Funkverteiler durchgesetzt. In Polen kriegen Haushalte siebenmal im Jahr eine Abrechnung, Schweden will einen monatlichen Rhythmus einführen. Derweil erleben unzählige deutsche Mieter einmal im Jahr ihre böse Überraschung.

Bis 2016 soll nun zunächst der Test in den ausgewählten Gebäuden laufen - und zeigen, ob aus der theoretischen Vernunft auch eine praktische wird. "Es wäre ein kleines Mosaikstückchen", sagt Städtebau-Staatssekretär Rainer Bomba. "Eben der Teil, den der Mieter über eigenes Verhalten steuern kann."

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