EU-Außenminister zu Syrien:Starkes Signal, aber kein Plan

Die 28 Außenminister der EU haben sich auf eine gemeinsame Haltung zur Syrien-Krise geeinigt. Das ist ein großer Erfolg, liegen die Minister doch normalerweise ständig über Kreuz. Kommt es jedoch zum Militärschlag, ist es schon wieder vorbei mit der Einigkeit. Es ist an der Zeit, für Syriens Zukunft zu planen.

Ein Kommentar von Cerstin Gammelin, Vilnius

Was den G-20-Nationen aus aller Welt in St. Petersburg nicht gelang, haben 24 Stunden später die europäischen Außenminister im litauischen Vilnius geschafft. Die normalerweise chronisch über Kreuz liegenden Minister aus den 28 Mitgliedsstaaten verständigten sich auf ein gemeinsames Vorgehen in der syrischen Krise. Das ist ein großer Erfolg. Er ist umso höher einzuschätzen, als dass er dringend nötig ist, um die internationale Staatengemeinschaft im Umgang mit der syrischen Krise ein wenig zu einen.

Europa steht jetzt geschlossen hinter den Vereinigten Staaten - jedenfalls, was eine klare und starke Antwort der internationalen Gemeinschaft auf die Giftgasattacken in den Vororten von Damaskus betrifft. Das ist ein starkes Signal, das so nicht zu erwarten war.

Zugleich fordern die Europäer die größtmögliche politische und sachliche Legitimation jeglicher Reaktionen auf den Einsatz der chemischen Waffen. Was ebenfalls richtig ist. Nur wenn den Bürgern unabhängige Beweise für den Einsatz der Chemiewaffen vorgelegt und zugleich alle Wege über Gremien der Vereinten Nationen ausgeschöpft werden, um die Verantwortlichen zu bestrafen, dürfen die Regierungen auf Verständnis für einen militärischen Vergeltungsschlag hoffen.

Mit ihrer demonstrativen Einigkeit haben die europäischen Minister freilich auch Zeit gekauft für sich selbst. Denn unter der Oberfläche schwelt ein anderer Konflikt weiter: Wie stehen die Europäer konkret zu einem militärischen Vergeltungsschlag? Werden sie ihn unterstützen, wenigstens politisch - darüber gibt es weder eine Diskussion, geschweige denn eine Einigung.

Wie eine Lösung aussehen könnte, dazu schweigen die Politiker

Die kommenden Tage, insbesondere die Entscheidung des US-Kongresses über eine Antwort auf die Giftgasattacke und der Bericht der UN-Inspektoren, werden den Europäern kaum helfen, eine gemeinsame Haltung zu finden. Das Votum des US-Kongresses steht für sich. Und in dem Bericht der Inspektoren wird erläutert werden, ob chemische Waffen benutzt wurden, und wenn ja, welche. Es ist nicht die Aufgabe der Inspektoren, zu untersuchen, wer diese Waffen eingesetzt hat und wer damit die Verantwortung trägt.

Alles deutet also darauf hin, dass sich die Europäer darauf beschränken, einen Militärschlag so weit wie möglich zu legitimieren. Aktiv daran teilnehmen wird wohl nur Frankreich. Schon aus diesem Grund sollten die Europäer dringend damit beginnen, schon jetzt für die Zeit danach zu planen.

In ihrer Erklärung von Vilnius weisen die Außenminister allgemein darauf hin, dass die Krise in Syrien nur politisch gelöst werden kann. Wie wahr - aber wie mögliche Lösungen aussehen können, dazu schweigen die Politiker. Dabei ist klar, dass jeder Angriff wegen der Giftgasattacke auch den schrecklichen Bürgerkrieg in Syrien beeinflussen wird. Es braucht eine Antwort auf die Frage, wie die gesamte Region danach befriedet werden kann, das ist die nächste Aufgabe für Europa.

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