Panne bei Auszählung:Die Kurzzeit-Sensation

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Momentaufnahme: das falsche Ergebis auf der Fürther Internetseite. (Foto: Screenshot: SZ)

Das Wahlamt in Fürth meldet kurzzeitig: Ein Grüner holt das Direktmandat. Der Sieg gegen die übermächtige CSU ist also doch möglich. Man muss nur - ja was eigentlich? Das richtige Wahlamt erwischen, sagt der Mann, der für kurze Zeit gewonnen hatte.

Von Olaf Przybilla, Fürth

Am Morgen danach legt Uwe Kekeritz ein Verhalten an den Tag, das zumindest nicht sofort auf eine Sensation schließen lässt. Einen alten Kühlschrank hat Kekeritz noch im Keller, der schon lange mal weg musste, der CD-Player taugt nichts mehr und das ganze grüne Wahlkampfgeraffel, das sich in inzwischen in seiner Scheune stapelt, kommt auch gleich mit auf den Wertstoffhof. Braucht Uwe Adolf Otto Kekeritz, 59, Bundestagsabgeordneter der Grünen aus dem westmittelfränkischen Uffenheim, ja jetzt erstmal nicht mehr. Das soll nun also der Mann sein, der wenige Stunden zuvor als die Sensation schlechthin am Wahlabend offiziell ausgerufen worden ist?

Die Stadt Fürth hat lange auf sich warten lassen mit ihrem vorläufigen Endergebnis, länger als alle anderen in Bayern. Dafür gehen die Fürther dann aber kurz vor Mitternacht mit einer richtig exklusiven Meldung raus, ungefähr in der Größenordnung eines Championsleague-Sieges für die Spielvereinigung Greuther Fürth. Das vorläufige amtliche Endergebnis nennt nicht etwa Christian Schmidt, den CSU-Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, als Sieger im Wahlkreis Fürth. Sondern den Kandidaten der Grünen, Kekeritz eben, aus dem ländlich schönen Uffenheim.

"Bundestagswahl 2013: Grüne in Fürth ganz weit vorne" meldet eine örtliche Zeitung im Internet, und in dem Moment wirkt es so, als müsse die Geschichte dieses Abends in einem nicht unmaßgeblichen Aspekt ganz neu geschrieben werden: Er ist also doch möglich, der Sieg gegen die übermächtige CSU. Man muss nur - ja was eigentlich?

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Das richtige Wahlamt erwischen, sagt Kekeritz. Und zwar das aus Fürth. Vom Wertstoffhof kommend ist der grüne Kandidat neun Stunden nach der Feststellung des vorläufigen Endergebnisses durchaus bereit, Gratulationen entgegen zu nehmen. Allerdings nur für sein Resultat im eher nicht von akademischem Ökobürgertum geprägten Uffenheim. 18 Prozent für die Grünen im Heimatstädtchen, "ist schon was", sagt Kekeritz.

Im großen Wahlkreis Fürth dagegen bringt es der Kandidat auf 8,2 Prozent der Stimmen, was nicht mal schlecht ist, bedenkt man, dass weder Stadt-Fürth noch Land-Fürth und schon gar nicht der Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim im Verdacht stehen, der grünen Idee besonders anzuhängen. Gegen die 49,2 Prozent von CSU-Mann Schmidt reicht das aber doch nicht ganz für ein Direktmandat. Immerhin zieht Kekeritz trotzdem wieder in den Bundestag ein: über die Landesliste.

"Das ist saublöd gelaufen"

Fürth ist immer für solche Geschichten gut, erst vor einer Woche bei der Landtagswahl schaute der Landeswahlleiter verzweifelt in die Stadt, weil sie dort 119 Wahlbezirke mit der Hand auszählen mussten. Einer technischen Panne wegen. Die Fürther stehen zu ihrem Chaos, auch nach der Bundestagswahl: "Ich übernehme die volle Verantwortung", sagt Rechtsreferent Christoph Maier, "das ist saublöd gelaufen."

Es gebe zwei verschiedene Wahlverarbeitungscomputerprogramme, eines in Neustadt, ein anderes in Fürth, die seien nicht kompatibel, was man zu spät festgestellt habe. Also habe man das eine aufs andere System überspielen müssen. Und plötzlich habe "die Anordnung der Spalten nicht mehr gestimmt". Kekeritz wurden Stimmen zugerechnet, die er nie bekommen hatte.

Und das stellt man also einfach so ins Netz? Das Telefon habe nicht mehr stillgestanden, sagt ein Stadtsprecher, man habe nur noch "wo bleibt ihr, wo bleibt ihr, wo bleibt ihr?" gehört. Also habe man gehandelt. Bis dann wieder der Terror losging. Diesmal von Leuten, "die uns sagten: Da kann ja wohl was nicht ganz stimmen". Ein "Konglomerat aus Pech, Getriebenheit und Blöd gelaufen" sei das Ganze gewesen. Zumal es sich um einen völlig anderen Fehler gehandelt habe als vor einer Woche, sagt Referent Maier. Bei der Landtagswahl hatte was mit den Excel-Tabellen nicht gestimmt.

© SZ vom 24.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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