Gefährliche Bürgerwehr:Würzburger Wölfe

Dunkle Regenwolken über Würzburg

In der Würzburger Innenstadt will die "Einsatzgruppe Lupus" für mehr Sicherheit sorgen - zum Ärger der Polizei.

(Foto: dpa)

Die "Einsatzgruppe Lupus" will in Würzburg für mehr Sicherheit in der Innenstadt sorgen - allerdings ohne Auftrag des Gesetzgebers. Bei ihren Aktionen könnten die selbst ernannten Ordnungswächter nun zu weit gegangen sein. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.

Von Olaf Przybilla

Sie brüsten sich damit, Zirkusplakate vor mutwilliger Zerstörung gerettet zu haben. Sie geben sich als Anwalt angeblich missbrauchter Schaufensterscheiben. Und sie filmen sich bei selbstlosen Einsätzen für mehr Recht und noch mehr Ordnung in der Domstadt Würzburg. Die "Einsatzgruppe Lupus", eine selbst ernannte Gruppe fränkischer Freizeitordnungshüter, arbeitet eigenen Angaben zufolge ohne Bezahlung, allerdings auch ohne Auftrag. Mit ihrem Einsatz für noch mehr Ruhe am Main haben sie sich jetzt Ermittlungen der Polizei eingehandelt: wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, Nötigung und Amtsanmaßung.

Wie die Truppe von Hobbysheriffs arbeitet, ist gut dokumentiert: Um ihre Eingriffe möglichst transparent zu machen, filmt sich die Gruppe mit Lateinkenntnissen (Lupus bedeutet Wolf) selbst und stellt das Gefilmte ins Internet. "Vandalismus wird am besten im Anfangsstadium unterbunden", ist eines der Filmchen überschrieben. Die Bilder wackeln gehörig, der Betrachter soll trotzdem erkennen, dass es sich bei den Würzburger Wölfen um höfliche Zeitgenossen handelt, die Passanten in der Nacht freundlich mit "Guten Morgen" grüßen und sich mit ihrem Namen vorstellen.

"Können Sie sich vorstellen, warum wir Sie ansprechen?" Ob der Passant ein Problem mit der Schaufensterscheibe habe, fragt der Mann, der in der örtlichen Einsatzgruppe offenkundig das Wort führt. Aus dem Dialog ergibt sich, dass die drei Ordnungshüter uniformähnliche Kleidung tragen, auf denen ein Wolfslogo zu erkennen ist. "Wir wollen nur verhindern, dass irgendwas kaputt geht, denn dann gibt's riesen Trara und das wollen wir alle nicht." Zum Selbstverständnis der Hobbykontrolleure gibt der Wortführer auf dem Video auch etwas preis: "Wir sind fürs komplette Innenstadtgebiet zuständig."

Tatsächlich? Die Polizei erlaubt sich, da zu widersprechen. "Dazu haben sie sich selbst ernannt", erwidert ein Polizeisprecher. Von Zuständigkeit könne gar keine Rede sein. Weil die Gruppe - es soll sich um etwa 20 Personen handeln - mit ihrer uniformähnlichen Kleidung den Eindruck erwecke, sie seien Amtsträger, ist nun ein Verfahren eingeleitet worden. Weil bei einem der Ordnungseinsätze auch Pfefferspray zum Einsatz kam, wird auch wegen Körperverletzung ermittelt. Ob einmal sogar Handschellen im Spiel waren, sei ebenfalls Gegenstand der Ermittlungen: im Raum stehe der Vorwurf der Nötigung oder Freiheitsberaubung.

Dass die Wölfe dorthin gehen, wo sich die Polizei in der Domstadt nicht mehr blicken lässt, erklärt diese für einen "schlechten Witz". Es habe Einsätze gegeben, bei denen fünf Polizeiwagen im Einsatz waren - und sich die Freizeitpatrouille trotzdem wichtig gemacht habe. "Das hat mit Zivilcourage nichts mehr zu tun", sagt der Sprecher, "das trägt hier nur zur Verunsicherung bei."

Die Würzburger Einsatzgrüppler fühlen sich nun missverstanden. Man werde als "Bürgerwehr" diskreditiert, klagen sie auf ihrer Facebookseite. Das sei aber inhaltlich nicht richtig, denn als Bürgerwehr bezeichne man eine paramilitärische Gruppe, die ihre Heimat gegen einen "Angriff von außen" verteidige. Dies treffe hier nicht zu. Man definiere sich schlicht als Streitschlichter und beabsichtige, dass "Würzburger Bürger von unserer Tätigkeit profitieren".

Selbstjustiz sei das keine. Zwar habe die "uniformierte Präsenz" bislang hervorragend gewirkt, man wolle darauf aber künftig verzichten und nur noch eingreifen, wenn "Leib und Leben" in Gefahr sei. Im übrigen habe man sich der Amtsanmaßung nicht schuldig gemacht, weil "alle bei Lupus mitwirkenden Kräfte sich nie als Polizisten ausgegeben" hätten.

Die Polizei will nun klären, wie die Hobbytruppe an Informationen über Konflikte kommt. Ob etwa der Polizeifunk abgehört wird oder sie möglicherweise aus privaten Sicherheitsfirmen oder Rettungsdiensten gespeist werden. Mit der Sicherheitswacht der Stadt Würzburg haben die Wölfe jedenfalls nichts zu tun. Die Wacht wird von der Polizei ausgewählt und geschult und arbeitet ehrenamtlich.

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