Klimawandel in Deutschland:Zwei bis vier Grad wärmer und im Winter feucht

Regenwetter in Berlin

In Deutschland wird es bis 2100 wärmer, im Sommer trockener, aber im Winter nass, sagen Klimaforscher vorher

(Foto: dpa)

Der IPCC-Bericht beschreibt die möglichen Folgen des Klimawandels für verschiedene Weltregionen. Demnach wird es bis 2100 in Deutschland zwei bis drei Grad wärmer, sollte ein globales Klimaschutzabkommen greifen. Gibt es aber keine Einigung, kann die Temperatur sogar um vier Grad ansteigen.

Von Christopher Schrader

Im Sommer 2100 wird Deutschland papayafarben und quittengelb sein. Das sind jedoch weder Modefarben noch die Kennzeichen der politischen Parteien, die dann regieren. Mit diesen Farbtönen kennzeichnet der Weltklimarat IPCC, wie sich das Klima in Zentraleuropa bis zum Ende des Jahrhunderts entwickeln könnte.

Papaya steht für eine Erwärmung von zwei bis drei Grad Celsius über die Werte zwischen 1986 und 2005, quittengelb bedeutet eine Abnahme der sommerlichen Regenmenge um gut 20 Millimeter, also ungefähr zehn Prozent. Den Verlust in der Wasserbilanz dürften aber feuchtere Winter ausgleichen.

Die Nachbarländer bekommen etwas andere Bedingungen. Nordeuropa wärmt sich ähnlich auf, und hat das ganze Jahr über mehr Regen. Den Mittelmeerländern hingegen könnten im Sommer Verluste von zehn bis 20 Prozent der Niederschläge bevorstehen und Temperaturen, die um vier Grad höher liegen als heute.

Und das ist noch eine eher harmlose Annahme, denn sie setzt eine Entwicklung der Treibhausgase voraus, die einem globalen Abkommen zum Klimaschutz entsprechen, das seine Ziele halbwegs erreicht.

Gibt es weiterhin keine globale Einigung, könnte sich Deutschland in den letzten beiden Dekaden des 21. Jahrhunderts um vier Grad erwärmen und ganzjährig zehn Prozent seiner Niederschläge verlieren.

Diesen ersten Blick auf die klimatische Zukunft einzelner Regionen erlaubt der am Montag veröffentlichte Bericht des Weltklimarats.

Im letzten Kapitel und im Anhang brechen die Forscher ihre Modellrechnungen auf einzelne Kontinente und Regionen herunter. Noch sind die Kalkulationen etwas grob. Viel mehr Details zu präsentieren, hat sich die Arbeitsgruppe II des IPCC vorgenommen, die ihren Berichtsteil im März 2014 veröffentlichen will.

In den wissenschaftlichen Veröffentlichungen, welche die Forscher für jenen Report auswerten, ist zum Beispiel zu erkennen, dass sich Vorpommern und der Süden Deutschlands unterhalb einer Linie von Baden-Baden nach Bayreuth um ein Grad stärker erwärmen könnten als der Rest des Landes.

Und in Spanien oder Griechenland könnten schon bis zur Mitte des Jahrhunderts die Trockenzeiten um ein bis zwei Wochen länger ausfallen als es am Ende des 20. Jahrhunderts der Fall war, zeigt die Arbeitsgruppe um Daniela Jacob vom Climate Service Center in Hamburg (Regional Environmental Change, online).

Die Forscher haben Simulationen ausgewertet, bei denen Europa in Gitterpunkte von nur 12,5 Kilometern Größe zergliedert wurde. Bei den globalen Berechnungen sind die Rasterabstände mindestens 16-mal so groß und haben im besten Fall Abmessungen von 50 mal 50 Kilometern.

Aber schon anhand dieser Daten ist aus dem soeben vorgelegten Berichtsteil zum Beispiel zu erkennen, dass die Zunahme der Winterniederschläge in Deutschland vor allem durch mehr Regen in Winterstürmen ausgelöst wird. "Es ist vermutlich mehr Wasser pro Ereignis, weil die Atmosphäre mehr Wasserdampf enthält", sagt Jacob, die die für März geplante IPCC-Veröffentlichung mit vorbereitet. Auch die Rechnungen mit dem groben Raster hätten aber sehr zuverlässige Ergebnisse geliefert, sagt sie.

Womöglich nehmen die Stürme sogar um 50 Prozent zu, wie einzelne dieser Simulationen besagen. Die Energie, die sie brauchen, könnten sie aus der Temperaturdifferenz zwischen Atlantik und Europa gewinnen. Das Meer wird sich vergleichsweise wenig erhitzen, weil eine Abschwächung des Golfstroms hier der globalen Erwärmung entgegenwirkt.

Solche Möglichkeiten und Einzelmeinungen diskutiert der IPCC in seinem Bericht ausdrücklich, obwohl ihm oft vorgeworfen wird, die Ergebnisse der Forschung zu verengen. Der Weltklimarat gibt solchen Resultaten jedoch nicht seinen Stempel der Zustimmung, weil die Berechnungen verschiedener Modell noch zu stark streuen.

Mehr extreme Niederschläge in Südamerika, Afrika, Asien und Australien

Relativ gefestigt hingegen ist der Ausblick auf den Monsun, also den Zyklus der Winde, die zum Beispiel in Südasien und Ostafrika die Regenzeit bringen. Hunderte Millionen von Menschen sind davon abhängig, weil die Niederschläge ihre Felder bewässern. Veränderungen würden viele dieser Bauern in Probleme stürzen, weil entweder Trockenheit oder Überschwemmungen drohen.

Den Daten des IPCC zufolge ist wohl eher Letzteres zu erwarten: Die Monsun-Saison dürfte sich sehr wahrscheinlich verlängern, die Ausdehnung der betroffenen Gebiete und die Intensität der Regenfälle dürfte zunehmen. Eine Zunahme von extremen Niederschlägen sei entlang des ganzen Tropengürtels von Südamerika über Afrika und Asien bis nach Australien mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Auch bei den tropischen Wirbelstürmen ist sich der IPCC ziemlich sicher: Hurrikane, Taifune und Zyklone, wie sie je nach Meeresgebiet heißen, über dem sie sich bilden, werden vermutlich nicht häufiger werden, aber wahrscheinlich höhere Windgeschwindigkeiten entwickeln und mehr Regen auf die betroffenen Regionen schütten.

Die Gegenden in Nord- und Mittelamerika, Südostasien und Australien, in denen solche Stürme auf das Land treffen, müssten mit "noch extremeren" Niederschlägen als bisher schon rechnen.

Diese Entwicklung beobachtet auch die Versicherungswirtschaft mit Sorgen, weil die Schäden in Küstenorten stark zunehmen. Der gestiegene und inzwischen beschleunigt weitersteigende Meeresspiegel verschärft die Situation. "Beim Hurrikan Sandy in New York hat das bereits mit großer Wahrscheinlichkeit zur Erhöhung der Schäden geführt", sagt Ernst Rauch vom Rückversicherer Munich Re. Er ist deswegen dankbar dafür, dass der neue IPCC-Bericht "ein stabileres Handlungsfundament" geliefert hat.

Auch Christoph Bals von der Umweltschutzorganisation German Watch lobt die Qualität der Daten: "Die Sicherheit der Analyse ist mittlerweile so groß, dass jeder Politiker einen Kunstfehler begeht, der jetzt nicht handelt."

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