Schalkes Kevin-Prince Boateng:Spuk ums Knie

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Kevin-Prince Boateng: Mit Knieproblemen auf Schalke

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kam Kevin-Prince Boateng verletzt zum FC Schalke? Manager Horst Heldt weist entsprechende Andeutungen von Ottmar Hitzfeld verärgert zurück. Der Coach der Schweizer Nationalmannschaft soll mittlerweile selbst über die Tragweite seiner Äußerung entsetzt sein.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Während Fußball-Deutschland immer noch über den Spuk von Hoffenheim debattiert, plagt sich Horst Heldt in Gelsenkirchen mit seiner eigenen Schimäre. Es geht um das linke Knie von Schalkes Mittelfeldspieler Kevin-Prince Boateng, das seit Wochen Gegenstand von Spekulationen ist und das nun durch eine Bemerkung von Ottmar Hitzfeld im TV-Sender Sky für noch mehr Gerede sorgt.

Manager Heldt wähnt sich deswegen der Verzweiflung nahe: "Es treibt einen zur Weißglut", sagt er, "es erschlägt einen." Was den Hoffenheimern ihr Phantomtor, das ist den Schalkern ihre "Phantom-Diskussion", denn Heldt stuft Boatengs Knie-Fall als Illusion ein: "Es ist eine Diskussion, die an den Tatsachen vorbei geführt wird", sagt er.

Vom Stand der Tatsachen konnte sich Heldt am Dienstag beim Blick aus dem Fenster seines Büros ein befriedigendes Bild machen. Er konnte sehen, dass Boateng am Mannschaftstraining teilnahm. Dieses zuletzt rare Ereignis veranlasste die Nachrichtenagenturen zu der Meldung, der 26-Jährige habe "ohne Beeinträchtigung" arbeiten können "und damit Zweifel an seinem Fitnesszustand zerstreut".

Boatengs Mitspieler Roman Neustädter berichtete nach der Vormittagsschicht auf einschlägiges Befragen: "Man konnte sehen, dass er in die Zweikämpfe geht, er ist topfit." Allerdings befürchtet Heldt, dass spätestens am Mittwoch wieder Zweifel aufkommen werden, denn bei der Nachmittagseinheit wird Boateng fehlen - er fährt nach München, um sich in einem Therapiezentrum namens Moterium behandeln zu lassen. Zur Kontrolle, wie Heldt betont, "nichts Akutes".

Für die Partie am Samstagnachmittag bei Hertha BSC, wo er einst das Fußballspielen lernte, ist Boateng fest eingeplant. Und vielleicht wird sich bis dahin auch Ottmar Hitzfeld beim Schalker Manager gemeldet haben, um die Äußerungen über Boatengs Knie aufzuklären, die er am Sonntag im Fernsehen vorbrachte.

"Man munkelt, dass er vielleicht schon angeschlagen war, als er gekommen ist", hatte der Schweizer Nationaltrainer erzählt und Mutmaßungen angestellt, dass der AC Mailand den hoch taxierten Mittelfeldspieler nur deswegen für den Wechsel nach Gelsenkirchen freigegeben habe, weil Zweifel an dessen Gesundheit bestanden. "Dass man ihn dadurch auch bekommen hat. . .", deutete er an. Kevin-Prince Boateng kostete angeblich zehn Millionen Euro Ablöse.

Linkes Knie als Schwachstelle

Kenner halten diesen Preis für relativ günstig. Inzwischen hat Hitzfeld der Bild-Zeitung erklärt, dass seine Informationen von einem italienischen Spieleragenten stammten, was die Verstimmung in Schalke keineswegs ausgeräumt hat. "Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat, so eine Art von Hörensagen zu transportieren", rätselt Heldt. "Es ist leider etwas Anderes, wenn Ottmar Hitzfeld so etwas sagt als irgendein Fernsehexperte."

Und das Knie? "Das Einzige, das Kevin fehlt, ist Trainingspräsenz", erwidert Sportdirektor Heldt. Deswegen habe Boateng gegen Chelsea und Dortmund nur mit halber Kraft mitwirken können, "aber er hat bei uns den ganz normalen orthopädischen und internistischen Medizincheck erhalten, als wir ihn verpflichtet haben. Es gab dabei keine auffälligen Besonderheiten. Und in Mailand hat er in den vergangenen beiden Jahren konstant gespielt, das ist Fakt."

Tatsache ist aber auch, dass sich Boateng seit einigen Wochen einer umfassenden Behandlung unterzieht. Ralph Frank, der Spezialist, der den Profi in München betreut, hat früher als Physiotherapeut bei 1860, dem VfB Stuttgart und Borussia Dortmund gearbeitet. Er unterhält nun eine eigene Praxis, die regen Zulauf aus der ganzen Bundesliga erfährt, und fungiert darin unter anderem als "Biostatiker".

Bei Boateng gehe es darum, "die Körperstatik umzustellen", wie Horst Heldt erläutert, "es fängt am Kopf an und hört bei den Fußgelenken auf. Der ganze Körper wird umgestellt, das läuft tadellos, aber es ist ein Prozess, der ein wenig Zeit braucht."

So sei festgestellt worden, dass Boateng Probleme mit beiden Menisken hatte, "sie waren festgeklemmt", sagt Heldt, "doch das ist ein Problem, das man bei vielen Spielern findet". Dass Boateng neulich in Braunschweig (3:2) fehlte, war eine Folge der Therapie und der daraus folgenden körperlichen Umstellungen, erklärt der Manager. "Kevin wollte spielen, aber die Muskeln müssen sich an die neue Situation gewöhnen. Ein Faserriss drohte."

Zwar hat Boateng Anfang Oktober sein linkes Knie als "meine Schwachstelle" bezeichnet, aber er hat auch hervorgehoben, dass er damit "ganz entspannt" umgehe. Weder seine Verletzungsstatistik aus Mailand noch die aktuelle Einsatzbilanz liefern Indizien, um Hitzfelds mysteriöse Theorie zu stützen. Angeblich, so heißt es aus München, ist er selbst ein wenig entsetzt, was er ausgelöst hat.

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