Sepp Blatter gegen Michel Platini:Zicken-Krieg im Universum

Sepp Blatter gegen Michel Platini: Die beiden Präsidenten: Michel Platini von der Uefa (links) und Sepp Blatter von der Fifa (rechts).

Die beiden Präsidenten: Michel Platini von der Uefa (links) und Sepp Blatter von der Fifa (rechts).

(Foto: AFP)

Sepp Blatter und Michel Platini, was war das mal für eine Männerfreundschaft! Hand in Hand drehten sie ihre sportpolitischen Dinger - nun scheint das Tischtuch zerschnitten. Nachfolger als Fifa-Boss wird Platini wohl nur noch über Blatters Leiche.

Ein Kommentar von Thomas Kistner

Endlich auch im Fußball angekommen: der Zicken-Krieg!

Stilbildend sind hier Sepp Blatter und Michel Platini; der Fifa- und der Uefa-Präsident. Was war das mal für eine Männerfreundschaft! Hand in Hand drehten sie ihre sportpolitischen Dinger, der Lehrherr und der Meisterschüler, der zur Thronfolge ausersehen war. Aber das ist Geschichte. Aus Sicht des Schweizers ist dem Franzosen der Übergangsjob an Europas Spitze schlecht bekommen; zu viel eigenes Profil hat Platini seither entwickelt. Dass er in der Praxis des Meisters Techniken in Ehren hielt (von der Ruhigstellung des einst effizienten Ermittlungsstabes der Uefa bis zur Ausblendung einer mutmaßlichen Korruptionsaffäre um die EM-Vergabe 2012 an Ukraine/Polen), wirkt sich nicht strafmindernd aus.

Nein, das Tischtuch ist zerschnitten. Fifa-Boss wird Platini wohl nur noch über Blatters Leiche. Wobei Letzterer nicht vorhat, das Amt so rasch abzugeben. Warum auch: Nur weil er bei der nächsten Wahl 2015 schon 79 ist? Lächerlich. Was kann der Sepp dafür, dass die Jahre nur so fliegen? Bestimmt steckt doch auch da Michel dahinter! Überhaupt, man sollte für Funktionäre eine angemessene Alterszählung einführen. Zum Beispiel, dass sie nur dann ein Jahr älter werden, wenn WM ist.

Das wäre gewiss auch beschlossene Sache, wenn die Zicken, um die es hier geht, wirklich das wären, wofür sie sich halten: die Herren des Universums. Doch die Patrone des Fußballs sind sie leider schon, das muss ihr Sport nun ausbaden. Wie pubertierende Prinzesschen hauen sich Sepp und Michel die Fußballthemen um die Ohren, die sie eigens dafür kreieren. Sportberichterstatter sind ausgelastet damit, den immer gröberen Unfug, den der Zickenkrieg gebiert, nach Anzeichen von intelligentem Leben zu durchforsten.

Ein paar beliebige Beispiele: Der Michel lehnt jede technische Hilfe im Ballgeschäft ab, er hat es lieber archaisch. Woraufhin der Sepp, lange Zeit selbst ein erbitterter Feind der Technik, kalt lächelnd die Torlinientechnologie einführt. Der Sepp wiederum ist kein Freund von Turnieren, die über Ländergrenzen hinweg ablaufen. Michel indes verteilt seine EM 2020 gleich über ganz Europa; weshalb ihm der Sepp schon ein "Turnier ohne Seele" verspricht. Sepp ist übrigens für die volle Anerkennung des Kosovo. Und Michel? Ist selbstverständlich dagegen.

Und dass der Michel rassistische Umtriebe auf den Stadionrängen mit Geister-Spielen sanktioniert, Partien unter Ausschluss des Publikums? Hält der Sepp für "Unsinn", er findet Punktabzüge besser. Und wie bitte: Michel will die Katar-WM 2022 im Winter ausspielen? Ausgeschlossen, beteuerte jahrelang der Sepp. Nun geht es vielleicht doch, aber nur vor Weihnachten. Statt später, wie der Michel will.

Weil ja der Wahlkampf nun schon läuft, will der Sepp Afrika umgarnen und dem Kontinent mehr WM-Startplätze zuschanzen - zu Lasten von Michels Europäern, klar. Der zieht seinen Gegenplan hervor: Statt 32 sollen künftig 40 Teams den WM-Titel ausspielen. Da ließe sich Afrika, Asien, Ozeanien (mit Kiribati, Vanuatu?) und eventuell auch gleich der Mann im Mond bedienen, sofern der endlich einen Fußballverband gründet. Dass es bei Michels WM-Kalkulation statt bisher 48 Vorrundenspiele gleich 80 geben würde - wurscht. Hauptsache, es wird was in die Landschaft geblökt, was die andere Zicke tüchtig ärgert. Jetzt mal sehen, wann Blatter die Aufstockung auf 64 Teams anregt.

Es ist das kinderleicht verdiente Geld des Fußballs, das es dem Sepp und dem Michel erlaubt, sich wie die Marx-Brothers der temporären Fußballpolitik aufzuführen. Was tun mit den zwei Bengeln? Stubenarrest und Fernsehverbot, bis die Wahl 2015 vorüber ist? Am besten wohl das eine: Einfach nicht mehr hinhören.

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