Verhandlungen zur Staatsbürgerschaft:Doppelpass entzweit Union und SPD

Die doppelte Staatsangehörigkeit könnte zum Knackpunkt für die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD werden. Die Sozialdemokraten beharren auf dem Doppelpass für Kinder von Einwanderern, Innenminister Friedrich lehnt ihn kategorisch ab.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Es muss ganz schön gescheppert haben am Morgen in der Arbeitsgruppe "Innen". Hans-Peter Friedrich (CSU) jedenfalls sprach von einer "emotionalen" Debatte, als vor der Presse das Thema doppelte Staatsangehörigkeit aufgerufen wurde. Die Diskussion in der Arbeitsgruppe hatte klargemacht: Die Standpunkte liegen weiter auseinander, als manche angenommen hatten. Thomas Oppermann, Verhandlungsführer der SPD, brachte es auf den Punkt: "Ich hatte nach den Sondierungsgesprächen das Gefühl, da geht was. Jetzt habe ich das Gefühl, da geht gar nichts."

Geht es nach der SPD, wird die derzeitige Optionsregel abgeschafft. In Deutschland geborene Ausländer müssen sich bis zum 23. Lebensjahr für die deutsche oder etwa die türkische Staatsangehörigkeit entscheiden. Wollen sie an der türkischen festhalten, werden sie ausgebürgert. Für Oppermann ein unhaltbarer Zustand. Ähnlich ergeht es gut integrierten Ausländern, die die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen, sich von ihrer bisherigen aber nicht trennen möchten. Es gilt die Regel: Deutsche können sie nur ganz oder gar nicht werden.

Friedrich hat verschiedene Kompromisslinien angeboten. Er schlug etwa vor, den Kindern von Einwanderern bis zum 30. Lebensjahr Zeit zu geben, sich für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden. Und auch danach soll es ihnen möglich sein, ihre Entscheidung zu revidieren und auf Wunsch doch die deutsche Staatsbürgerschaft wieder anzunehmen. Doppelte Staatsangehörigkeiten will Friedrich aber nicht akzeptieren. Am Wochenende will er noch den Versuch starten, allein über die in Deutschland geborenen Ausländer zu verhandeln. Wie da der Kompromiss aussehen könnte, ließ er offen.

Oppermann machte nicht den Eindruck, als würde ihn das noch beeindrucken. "Unsere Tür ist natürlich nicht verschlossen", sagte er. Aber: "Mit uns wird es keine Einigung geben, wenn wir nicht den Optionszwang beseitigen." Dahinter kann er kaum zurück.

Kommenden Mittwoch muss die AG Innen ihre Vorschläge zur Staatsangehörigkeit der 75-köpfigen großen Runde präsentieren. Vermutlich wird es bis dahin immer noch keine einheitliche Linie geben. Es gilt auch als eher unwahrscheinlich, dass sich dann 75 Politiker leichter einigen als das gute Dutzend, das in der AG Innen sitzt. Am Ende werden wohl die drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD eine Lösung finden müssen, wenn sie ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen verhindern wollen.

Einig beim Thema Vorratsdatenspeicherung

In Sachen Vorratsdatenspeicherung zeichnet sich hingegen ein Kompromiss ab. Die Unionsseite scheint sich der Idee der SPD anzunähern, die erst Urteile europäischer Gerichte zu der entsprechenden europäischen Richtlinie abwarten will. Diese werden bis Februar erwartet. Sollte die Richtlinie vor Gericht gekippt werden, müsste ohnehin neu verhandelt werden.

Union und SPD sind sich aber einig, dass sie die Vorratsdatenspeicherung wollen. Sie soll den streng reglementierten Zugriff auf die Verbindungsdaten von Telekommunikations-Unternehmen im Fall von schweren Verbrechen ermöglichen. Strittig ist noch, wie lange die Unternehmen ihre Daten dafür speichern müssen. Die EU-Richtlinie sieht sechs Monate vor. Innenminister Friedrich hat auch schon vier Monate für ausreichend erklärt.

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