NSU-Prozess:Das patzige Schweigen der Silvia S.

Beate Zschäpe nutzte ihre AOK-Karte, ihren Bibliotheksausweis, ihren Fahrradpass. Silvia S. soll im NSU-Prozess erklären, wie ihre Dokumente zur mutmaßlichen Terroristin Zschäpe gelangten. Warum sie für ihre Versichertenkarte 300 Euro bekam, will die Frisörin nie hinterfragt haben.

Von Tanjev Schultz und Annette Ramelsberger

Im NSU-Prozess hat am Dienstag eine Frisörin aus Hannover ausgesagt. Sie hatte vermutlich im Jahr 2005 ihre AOK-Versichertenkarte an den Angeklagten Holger G. verkauft. Der reichte sie an die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe weiter, damit diese auch im Untergrund zum Arzt gehen konnte.

Nun sitzt die Frisörin Silvia S. als Zeugin in München vor Gericht und behauptet, sie habe sich damals keinerlei Gedanken gemacht, wofür Holger G. die Karte haben wollte: "Ich habe nur das Geld gesehen. Ich bin eine arme Frisörin und Punkt." Holger G. soll ihr 300 Euro für die Karte gezahlt haben.

Die 33-Jährige hat eine Kurzhaarfrisur und trägt Jeans und Kapuzenpulli. Silvia S. präsentiert sich als naives Unschuldslamm. Sie redet leise, mit zarter Stimme, wirkt ängstlich, auch etwas begriffsstutzig, antwortet aber mitunter auch leicht patzig.

An das meiste will sie sich nicht erinnern können. Holger G. habe eines Abends einfach so nach ihrer Versichertenkarte gefragt. Hinterfragt habe sie das nicht. Richter Manfred Götzl kann das überhaupt nicht verstehen und befragt die Zeugin scharf.

Eine Nebenkläger-Vertreterin sagt, der Auftritt von Silvia S. grenze an eine Aussageverweigerung. So einfach dürfe die Zeugin nicht davon kommen. Die Mutter des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, die ursprünglich am Nachmittag aussagen sollte, kommt wegen der langwierigen Befragung von Silvia S. gar nicht erst dran.

Stattdessen nehmen die Richter, aber auch die Bundesanwaltschaft die Frisörin stundenlang in die Mangel. Zschäpe besaß noch weitere Karten mit Daten von Silvia S.: einen Brillen- und einen Fahrradpass, eine Baumarkt-Karte, einen Bibliotheksausweis. Ob Silvia S. auch dabei behilflich war, ist unklar. Die Zeugin behauptet, sie habe noch nie eine Bibliothek besucht.

Den vollständigen Text über den Auftritt von Silvia S. lesen Sie in der Mittwochsausgabe der Süddeutschen Zeitung und in der SZ-Digital-App auf iPhone, iPad, Android und Windows 8.

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