Kolumne "Familie und andere Turbulenzen":Warum der Herbst mit Kindern wunderbar ist

Familien-Kolumne

Drinnen ist es im Herbst einfach schöner. Oder?

(Foto: Stephanie Wunderlich)

Mit Kindern kann man sich selbst im Dauerregen und während der immer dunkler werdenden Tage noch bestens amüsieren: Dinge im Herbst, die mit Kindern mehr Spaß machen - und was dabei schiefgehen kann.

Von Katja Schnitzler

Rausgehen

Wie schön ist der Spaziergang durch den Park, erleuchtet von der tiefstehenden Sonne - die Dunkelheit kommt früh genug, so gegen 16:30 Uhr. Bis dahin pflügen Eltern mit Kindern durch knöchelhohe Laubschichten, verlieren und gewinnen bei Blätter-Schlachten und zweckentfremden Ahornsamen (Hubschrauber! Nasenzwicker!). Welch Triumph, wenn das Kind auf den Schultern sitzend die einzige Kastanie, die noch nicht herabgefallen war, vom Baum schlagen kann.

Das könnte schiefgehen: Entdecken die Kinder einen Spielplatz, haben nur noch sie Spaß, während Sie danebenstehen und langsam auskühlen.

Die Lösung: Alle mal herhören! Wer findet dort hinten bei den Bäumen das größte, schönste, bunteste Herbstblatt/das beste Piratenschwert/das geheime Feen-Versteck?

In die Luft gehen

Natürlich könnte man auch im Sommer Drachen steigen lassen, doch der Sommerwind ist tückisch: Mal fährt er kurz unter die Drachenflügel und hebt ihn ein paar Meter empor. Im nächsten Moment hält er plötzlich die Luft an und lässt den Drachen am Boden aufschlagen. Das Kind am Ende der Leine rennt ahnungslos weiter, während sich der Drache hinter ihm in seine Einzelteile auflöst.

Doch im Herbst, im Herbst ist der Wind ein starker Freund des Drachen. Schon beim Eintreffen auf der Wiese zerrt er an dessen Schwingen, fordert ihn ungeduldig zum Spiel auf. Das Kind wirft den Drachen in die Luft, die Eltern laufen los, es muss gar nicht schnell sein. Die Schnur wickelt sich fast von selbst ab, bis zum Ende. Hoch oben tanzt der Drache mit dem Herbstwind.

Das könnte schiefgehen: Ihr Kind will den Drachen auch mal halten.

Die Lösung: Geben Sie sich einen Ruck und wechseln Sie sich ab. Nun kommen Sie schon, Sie wollen doch ein Vorbild sein. Ja, auch beim Drachensteigen ... jetzt rücken Sie endlich die Schnur raus! Wir zählen bis drei! Eins ... zwei ...

Trotzdem rausgehen

Es regnet von allen Seiten: Der Wind drückt senkrecht, waagerecht und schräg gegen das Fensterglas. Selbst vom Boden prallen die Tropfen ab, um Hosenbeine zu durchnässen. Wer will bei diesem Wetter schon nach draußen? Wahrscheinlich Sie, wenn sich das Kind drinnen lange genug gelangweilt hat und seinen nicht zu unterschätzenden Bewegungsdrang am Mobiliar auslebt. Die einzig richtige Entscheidung: Alle modischen Bedenken über Bord werfen. Über drei Kleiderlagen alles anziehen, was wasserfest ist. Und rausgehen, trotzdem. Während das Kind beim Austesten der Pfützentiefe seine Energie endlich sinnvoll einsetzt, merken die Eltern: Es ist mehr als nass, aber immerhin heller als in der Wohnung.

Das könnte schiefgehen: Die riesige Pfütze, in die Sie mit Anlauf und Kind gesprungen sind, ist tiefer als Ihre Gummistiefel hoch sind.

Die Lösung: Sie sind doch jetzt sowieso nass, oder? Waten Sie noch ein paar Runden - noch nie haben Sie so gefühlsecht Pirat oder Seeungeheuer gespielt.

Tauchen Sie ab

Baden gehen

Dank der vielen frischen Luft und der wasserabweisenden Kleidungsschichten gehört Ihr Kind noch nicht zu den 90 Prozent, die jetzt erkältet sind? Werfen Sie alle anderen Pläne über den Haufen und suchen Sie das nächstgelegene Schwimmbad auf: Dies dürfte das letzte Mal für lange Zeit sein, dass Sie Gelegenheit haben, den Sommer-Badespaß noch ein wenig zu verlängern.

Das könnte schiefgehen: Ihr Kind fängt sich im 35-Grad-Freiluftbecken und der Mutprobe (einmal zum verlassenen Spielplatz rennen, rutschen und wieder zurück) doch noch einen Schnupfen ein.

Die Lösung: Nun, das war der Spaß doch wert, oder?

Reingehen

Irgendwann treiben Kälte, Nässe und Hunger selbst Kinder wieder in die Wohnung. Das ist Ihre Chance, eine langfristig schöne Kindheitserinnerung zu prägen: Dazu brauchen Sie nur ein warmes Getränk, eine Decke, in die Sie das Kind (und sich selbst) wickeln und ein wenig Zeit, um das zu genießen. Kleine Variante: Vorlesen. Auch Schulkinder, die längst selbst des Lesens mächtig sind, genießen das. Wer sonst acht Sekunden Stillsitzen als nah an der Nötigung empfindet, kuschelt sich nun entspannt an den Vorleser. Und die ganze Familie kommt zur Ruhe.

Das könnte schiefgehen: Nichts. Außer vielleicht, dass Sie einschlafen.

Abtauchen

Während es an sonnenüberfluteten Sommertagen eine Schande ist, nicht draußen aktiv zu sein, kann man an düsteren Herbsttagen ohne schlechtes Gewissen das Nichtstun genießen. Das Kind entdeckt sein Zimmer neu, die Eltern Couch und Buch. Das ist eine Zeitlang schön, sehr schön. Doch dann kündigt sich angesichts von Bewegungs- und Lichtmangel bei den Erwachsenen der Hauch einer Herbst-Depression an. Zum Glück hat das Kind just ein Spiel gefunden, das es schon lange mal mit den Eltern spielen wollte.

Das könnte schiefgehen: Das Kind verliert dreimal hintereinander bei Mensch-ärgere-dich-nicht.

Die Lösung: Gemeinsam einen Pokal für den guten Verlierer basteln, anschließende Siegerehrung mit Limodusche.

Erleuchtung im Herbst

Erhellen, drinnen

Das gemeinsame Essen mit Kindern ist wertvoll für die Kommunikation und den Familienzusammenhalt, heißt es. Allerdings nicht, wenn sich die Gespräche hauptsächlich darum drehen, ob mit dem Finger Löcher ins Brot gebohrt werden sollten und man den Mund beim Kauen tatsächlich schließen kann. Zum Glück ist es im Herbst zur Abendessenszeit schon dunkel. Wer die Lampen auslässt und stattdessen Kerzen auf den Tisch stellt, macht aus einem Streitfaktor wieder ein stimmungsvolles Miteinander. Im Halbdunkel lässt es sich leichter über so manche seltsamen Tischmanieren hinwegsehen. Schließlich ist selbst den strengsten Eltern im Schein der Kerzen fast ein wenig feierlich zumute.

Das könnte schiefgehen: Ihre Kinder wollen die nächsten Tage nur noch bei Kerzenlicht essen.

Die Lösung: Morgens dunkel, abends dunkel - und für den Mittag haben Sie doch Rollläden.

Erhellen, draußen

Die meistgehörten Sätze im Herbst: "Diese verflixte Zeitumstellung! Ich hasse es, wenn es so früh dunkel wird." Mitten am Nachmittag, die Kinder sind gerade warmgelaufen, macht sich die Sonne vom Acker - aber eigentlich will noch niemand rein. Wofür haben Sie denn damals stundenlang an den Martinslaternen gebastelt, doch nicht nur für einen Nachmittag? Ziehen Sie damit um die Häuser. Wer es moderner und lichtbeständiger mag, nimmt Taschenlampen.

Das könnte schiefgehen: Sie werden für Dämmerungs-Einbrecher gehalten.

Die Lösung: Sie haben ein Alibi - ihr Kind.

Näherkommen

Ihre Kinder sind Teenager und noch lange nicht aus dem Gröbsten raus? Nutzen Sie den dunklen Herbst, um neue Freunde kennenzulernen - die Ihrer Kinder. An wärmeren Tagen haben sich diese mit ihrer Clique so lange wie möglich draußen herumgetrieben, fern von (über-)wachsamen Blicken der Erziehungsberechtigten. Im Herbst hingegen sind sie ... nun, dankbar ist während dieses Lebensabschnitts wohl nicht das passende Wort ... sagen wir, sie lassen sich dazu herab, ihre Freunde bei Ihnen zu Hause zu treffen. So kommen Sie mit neuen, alten und plötzlich ganz engen Freunden und Freundinnen ins Gespräch.

Das könnte schiefgehen: Sie mögen die neuen Freunde nicht.

Die Lösung: Halten Sie sich im Hintergrund und erscheinen Sie nur, um eine spontane Pizzabestellung für alle vorzuschlagen - Sie eingeschlossen. Vielleicht entdecken Sie, dass die Freunde Ihrer Kinder netter sind als gedacht. Oder zumindest annehmbar, und darum geht es ja.

Was macht Ihnen im Herbst mit Ihrem Kind am meisten Spaß? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen und Tipps in den Kommentaren unter der Kolumne.

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