Patientenrechte:"Nehmen Sie keine Geldkarte mit"

Ein neues Gesetz stärkt die Rechte der Patienten. Doch wirkt es auch? Es gibt noch immer Probleme, sagt die Münchner Beraterin Carola Sraier - und erläutert, wie sich Patienten gegen unnötige Therapien und Druck in der Arztpraxis schützen können.

Von Nina von Hardenberg

Carola Sraier ist Gesundheitswissenschaftlerin und arbeitet seit 2006 in der Patienteberatungsstelle Münchner Gesundheitsladen. Sie berät Patienten genauso wie Ärzte.

SZ: Frau Sraier, seit Februar gibt es ein neues Patientenrechtegesetz. Hilft es?

Sraier: Wir sind froh, dass es da ist. Es hat einige Dinge verbessert, zum Beispiel, dass Patienten schriftlich über die privaten Zusatzkosten etwa einer Zahnbehandlung aufgeklärt werden müssen. Oder dass sie Einblick in ihre Krankenakte nehmen dürfen. Die Kliniken geben die Unterlagen jetzt zum Teil schon unaufgefordert mit. Das verändert sich in eine Routine. In den Praxen klappt es noch nicht so gut.

Durfte man vorher die Akte nicht einsehen?

Doch, natürlich, aber das wusste keiner. Inhaltlich hat sich ja durch das Gesetz kaum etwas geändert. Aber es war wichtig, dass diese Rechte einmal öffentlichkeitswirksam verkündet wurden.

Was bringt das Gesetz Patienten, die glauben, falsch behandelt worden zu sein?

Die Patienten müssen den Fehler nach wie vor beweisen. Positiv ist aber, dass die Kassen verpflichtet sind, Patienten ein kostenloses Gutachten durch den Medizinischen Dienst erstellen zu lassen. Das gilt aber nur für die gesetzlich Versicherten.

Welche Probleme bleiben?

Probleme gibt es bei der Aufklärung. Es wird zwar aufgeklärt, aber nicht so, dass es die Patienten auch verstehen. Der Praxisalltag lässt kaum Zeit, auf die Menschen richtig einzugehen. Außerdem findet die Aufklärung gerade in ambulanten Praxen oft direkt vor der Operation statt. Dann wird Druck gemacht, dass die Patienten schnell unterschreiben, weil der Operationssaal schon vorbereitet ist.

Im Gesetz heißt es, die Aufklärung müsse "rechtzeitig" erfolgen. Was heißt das aus Ihrer Sicht?

24 Stunden vorher muss sein. Alle Eingriffe haben Risiken, und die Patienten müssen Zeit haben, darüber nachzudenken.

Manch ein Kieferchirurg klagt aber, dass das nicht geht, weil ihre Patienten oft von weither anreisen . . .

Natürlich gibt es Ausnahmen. Etwa wenn ein Zahnarzt erst bei der Behandlung merkt, dass sich unter der Krone noch mehr verbirgt. Aber bei planbaren Operationen sollte das möglich sein.

Was muss nachgebessert werden?

Problematisch bleiben die Igel-Leistungen, von denen viele medizinisch nicht notwendig sind. Viele Patienten trauen sich nicht, Nein zu sagen, wenn es heißt, der Arzt braucht diese zusätzliche diagnostische Untersuchung, damit er optimal operieren kann. Das ist Erpressung. Aber hier soll ja auch nachgebessert werden. Ich finde die Idee gut, Patienten bei Igel-Leistungen 24 Stunden Bedenkzeit zu geben.

Und wie kann man sich bis dahin schützen?

Wir sagen immer, nehmen Sie in die Praxis keinen Kugelschreiber und keine Geldkarte mit, damit Ihnen nichts aufgeschwatzt wird, was Sie nicht brauchen.

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