Innenministertreffen in Brüssel:Friedrich will Grenzkontrollen für Osteuropäer beibehalten

European Interior and Home Affairs ministers council

Die nationalen Regierungen sollten ihre Hausaufgaben machen, fordert Viviane Reding. Hier im Gespräch mit Hans-Peter Friedrich.

(Foto: dpa)

Innenminister Friedrich will die "Armutseinwanderung" aus Bulgarien und Rumänien verhindern - und überwirft sich mit der EU-Kommission. Justizkommissarin Reding lehnt hingegen Änderungen des EU-Rechts ab. Nur in einem Punkt kommt es zu einer Einigung.

Von Thomas Öchsner und Javier Cáceres

Der geschäftsführende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erwägt, mit anderen EU-Staaten stärker gegen Armutszuwanderer aus Rumänien und Bulgarien vorzugehen. "Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis, wie wir die Freizügigkeit schützen, wie wir den Missbrauch verhindern können", sagte Friedrich bei einem Treffen der europäischen Innenminister in Brüssel. Er stellt sich damit gegen die EU-Kommission.

Friedrich wies darauf hin, dass einige Länder ein "großes Problem" mit Migranten hätten, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben und wegen der Sozialleistungen in anderen EU-Staaten ihre Heimat verließen. Er erinnerte an die frühere deutsche Ankündigung, bei Missbrauchsfällen verstärkt Wiedereinreisesperren zu verhängen.

Gleichzeitig bekräftigte er sein Nein zum Wegfall der Grenzkontrollen für Rumänien und Bulgarien. Dafür sei der richtige Zeitpunkt "nicht gekommen", sagte er. Der Innenminister forderte außerdem eine Lösung dafür, dass diese Länder nicht die vorhandenen EU-Sozialmittel einsetzten, um die Lage ihrer Bürger zu verbessern. Laut einer EU-Statistik sind in keinem anderen EU-Staat so viele Menschen von Armut bedroht wie in Rumänien und Bulgarien.

Friedrich reagierte auf Klagen von Städten wie Dortmund, Duisburg oder Mannheim über Zuwanderer aus den beiden Staaten. Der britische Premier David Cameron hatte vor wenigen Tagen eine Einschränkung der Freizügigkeit gefordert.

Reding: Freizügigkeit steht nicht zur Debatte

Das Thema gilt als brisant, weil von 2014 an Menschen aus Bulgarien und Rumänien in Deutschland unbeschränkt Arbeit suchen dürfen. Bisher brauchen sie als Beschäftigte eine Arbeitsgenehmigung. Anspruch auf Arbeitslosengeld haben Zuwanderer, die auf Arbeitssuche sind, bislang nicht. Sie können sich aber selbständig machen und, falls ihr Verdienst nicht reicht, Hartz IV als "Aufstocker" beantragen. Auch Kindergeld wird bezahlt.

Den in Brüssel von der EU-Kommission vorgelegten Bericht über die Probleme hält Friedrich für unzureichend. Darin heißt es, Ausweisungen und Wiedereinreiseverbote seien nur möglich, wenn davon auszugehen ist, dass die Person, die ausgewiesen wird, "eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung" darstelle. Friedrich fehlt hier die Rechtsklarheit.

EU-Justizkommissarin Viviane Reding lehnt hingegen Änderungen des EU-Rechts ab: "Freizügigkeit ist ein Gemeingut, und das steht nicht zur Debatte." Sie sieht die nationalen Regierungen am Zug. Diese müssten selber etwas dafür tun, damit ihre Sozialsysteme nicht ausgenutzt werden. "Macht eure Hausaufgaben!", sagte die Kommissarin zu den Ministern.

Einig waren sich die EU-Staaten darin, künftig im Notfall von Reisenden aus den Balkanländern wieder Visa zu verlangen, um die Zahl von Wirtschaftsflüchtlingen einzudämmen. Die Aussetzung der Visafreiheit hatten unter anderen Deutschland und Frankreich verlangt, weil immer mehr Menschen aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro Asyl beantragt hatten.

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