Winterspiele in Russland:Gauck wegen Olympia-Boykott in der Kritik

President Gauck Meets With Syrian Refugees

Kritische Linie gegenüber Russland: Bundespräsident Joachim Gauck wird nicht nach Sotschi reisen.

(Foto: Jens Schlueter/Getty Images)

Bundespräsident Joachim Gauck reist nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Sotschi - und bekommt für diese Entscheidung nicht nur Lob. Außenpolitiker von Union und SPD sehen die Absage skeptisch.

Bundespräsident Joachim Gauck wird nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Sotschi reisen. Das habe das Bundespräsidialamt der russischen Regierung in der vergangenen Woche mitgeteilt, berichtet der Spiegel. Eine Sprecherin des Bundespräsidenten bestätigte am Sonntag den Bericht.

Die Absage sei dem Nachrichtenmagazin zufolge als Kritik an den Menschenrechtsverletzungen und der Drangsalierung der Opposition in Russland zu verstehen. Die Olympischen Spiele in London im Sommer 2012 hatte Gauck besucht. Seine Sprecherin wies jedoch darauf hin, dass es keine feste Regel gebe, dass Bundespräsidenten an Winterspielen teilnähmen. Auch Horst Köhler sei nicht zu den Spielen 2010 im kanadischen Vancouver gereist.

Anlässlich der Winterspiele in Sotschi, die im Februar 2014 stattfinden, protestieren zahlreiche Sportler gegen die harschen Anti-Homosexuellen-Gesetze, die die russische Regierung im Juni verabschiedet hat. Diese stellen unter anderem die "Propaganda" für Homosexualität gegenüber Minderjährigen unter Strafe.

Gauck sei daran gelegen, dass seine Absage nicht als Geringschätzung der Athleten gedeutet werden kann, berichtet der Spiegel weiter: Er wolle die deutschen Olympia-Teilnehmer am 24. Februar bei ihrer Rückkehr in München empfangen.

Mit diesem Schritt bleibt der Bundespräsident seiner distanzierten Haltung gegenüber Russland treu. Seit seinem Amtsantritt im März 2012 hat er dem Land noch keinen offiziellen Besuch abgestattet; mehrmals kritisierte er rechtsstaatliche Defizite sowie eine Behinderung kritischer Medien in dem Land. Ein für Juni 2012 geplantes Treffen mit Gauck ließ Präsident Wladimir Putin platzen, angeblich aus Termingründen.

Von einer "tollen Geste der Unterstützung für alle, die in Russland für Bürgerrechte und Demokratie kämpfen", sprach der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning. Auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth sprach von einem ermutigenden Signal. Aus Union und SPD kam allerdings verhaltene Kritik an Gaucks Entscheidung. "Man muss sich fragen, ob man damit nicht auch die Menschen im Land trifft", sagte der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff der Zeitung Die Welt.

Schockenhoff nannte Gaucks Entscheidung ein "sehr persönliches Bekenntnis, vor dem ich großen Respekt habe". Der Boykott entspreche der konsequenten Haltung Gaucks zu Menschenrechtsfragen. Einen generellen Boykottaufruf halte er aber für falsch.

Systematische Korruption und demokratische Defizite

Der CDU-Politiker zeigte sich zugleich sicher, dass Russland versuchen werde, bei den Spielen ein "geschöntes" Bild zu präsentieren: "Mit den Alltagsrealitäten in Russland, die von systematischer Korruption und demokratischen Defiziten geprägt ist, hat das wenig zu tun", sagte er.

Der stellvertretende Vorsitzende der deutsch-russischen Parlamentariergruppe, Lars Klingbeil (SPD), sagte, ein Besuch Gaucks hätte auch die Möglichkeit geboten, um Gespräche mit Reformkräften in Russland zu führen und ihren Anliegen in der politischen Debatte mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Die deutsch-russischen Beziehungen sind derzeit auch wegen der pro-europäischen Proteste in der Ukraine angespannt. Einen Besuch von Außenminister Guido Westerwelle bei Demonstranten in Kiew hatte der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew als Einmischung Deutschlands in die innere Angelegenheiten des Nachbarlandes kritisiert, was die Bundesregierung umgehend zurückwies.

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