Umstellung auf neue Polizeiuniformen:Ein Herz fürs "Förster-Grün"

Polizeiuniformen

Blick in den Beamten-Kleiderschrank: Uniformen aus den USA, Bayern, Baden-Württemberg, noch mal Bayern, Österreich (von links).

(Foto: SZ-Montage; Jørgensen (2), Imago, oh (2))

Sie wollen am Grün-Beige festhalten: Laut einer Umfrage der Gewerkschaft der Polizei hängen Bayerns Beamte an ihren 70er-Jahre-Uniformen - als letztes Bundesland. Dabei sind die weder atmungsaktiv noch wasserabweisend, und manche Polizistin schämt sich sogar dafür.

Von Susi Wimmer

Wer hat's erfunden? Im Zweifelsfall nicht die Schweizer, sondern die Bayern: Egal ob es um neue technische Errungenschaften, Ermittlungsmethoden oder Kooperationen geht, die bayerische Polizei pocht immer auf ihren Pioniergeist, innovative Ideen und Fortschritt.

Jetzt allerdings wartet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit einer erstaunlichen Umfrage auf: Ein Drittel aller uniformierten bayerischen Polizisten wollen auch künftig in moosgrünen Tuchröcken und beigefarbenem Hosenkleid ihren Dienst verrichten. Damit wären die Bayern die allerletzten, die laut Volksmund am "Förster-Grün" festhalten. Alle anderen Bundesländer haben ausnahmslos auf blau umgestellt. Das Innenministerium hat bereits reagiert und eine Arbeitsgruppe gegründet.

"Es ist keine überragende Mehrheit", räumt der GdP-Landesvorsitzende Helmut Bahr ein, aber es sei doch ein Trend spürbar. Etwa 27.000 Beamtinnen und Beamte tragen bei ihrer Tätigkeit im Büro oder im Außendienst die grün-beige Kombination. "Über Vertrauensleute", so sagt Bahr, habe man "hoffentlich flächendeckend" die Karten für eine Abstimmung verteilt. Und von den 9000 Rückläufen haben sich 56,9 Prozent für die Beibehaltung der jetzigen Uniformfarbe Grün ausgesprochen, 43,1 Prozent waren für einen Wechsel auf Blau. "Das ist schon repräsentativ", findet Bahr.

"Wir sind wirklich die Letzten"

Das Hauptargument der Grün-Befürworter geht ungefähr so: "Gehen Sie mal in München in den Hauptbahnhof. Dort trägt die Bundespolizei eine blaue Uniform, die Schaffner ebenso und dann noch das Sicherheitspersonal der Bahn. Wie soll der Bürger dann noch den Unterschied zu einem Beamten der Landespolizei erkennen können?"

"Wir sind wirklich die Letzten", stöhnt hingegen Jürgen Ascherl von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Schon vor langer Zeit, 1998, hätten sich die EU-Mitgliedstaaten auf eine einheitliche blaue Uniformfarbe geeinigt und eine grundsätzliche Empfehlung ausgesprochen. "Sogar das Saarland stellt jetzt 2014 als vorletztes Bundesland die Farbe um." Nur die Bayern nicht. Er verweist auch auf die Frage der Wirtschaftlichkeit: "Wenn wir wie alle anderen Bundesländer bei den Zulieferfirmen blaue Kleidung bestellen, ist das sicherlich kostengünstiger."

Das Innenministerium hat, wie gesagt, eine Arbeitsgruppe installiert. Dabei geht es mitnichten nur um die Farbgestaltung, sondern in erster Linie um die Funktionalität der Uniform. Denn die von Designer Heinz Oestergaard Anfang der 1970er Jahre entworfene Kluft hinkt der Zeit schon arg hinterher. Der grüne Tuchrock etwa ist "im Sommer untragbar", wie ein Polizist erzählt, das Wort "atmungsaktiv" oder "wasserabweisend" habe man vor 40 Jahren wohl noch nicht einmal gekannt. Ein anderer Beamter moniert, dass die Uniform wohl für "Stubenhocker" gedacht sei. Dabei sollte die bayerische Polizei doch Präsenz zeigen.

Polizisten fühlen sich belächelt

Apropos Präsenz: Eine Polizistin räumt sogar ein, dass sie "sich schämt" in der grünen Uniform, weil die "irgendwie belächelt wird". Gerade für Frauen sei die Uniform "alles andere als optimal". Die Hosen beispielsweise: Der Schnitt sei antiquiert und der Stoff so fest wie ein Zelt. Entsprechend werden die weiblichen Formen unvorteilhaft betont.

"Viele Kolleginnen ziehen lieber die Herrenhosen an, weil die mehr auf der Hüfte liegen, etwas moderner wirken und nicht so plump sind", sagt sie. Sie wolle auf der Straße einen vertrauenswürdigen und modernen Eindruck vermitteln. Die Kleidung solle bequem, funktional und auch gepflegt aussehen. "Und wir sind in Deutschland nun mal eine Polizei. Warum soll Bayern als einziges Bundesland grün bleiben?"

Der "Tragekomfort" der Uniform lässt zu wünschen übrig

Dass bei der Funktionalität der Uniform Handlungsbedarf besteht, weiß man auch im Innenministerium. Zum einen läuft der Zuliefervertrag mit der Bekleidungsfirma bald aus, zum anderen hat man erkannt, dass der "Tragekomfort" der alten Uniform zu wünschen übrig lässt. In erster Linie wird sich die Arbeitsgruppe also mit einer Verbesserung der Qualität auseinandersetzen. Man wird die Erfahrungen von anderen Bundesländern miteinbeziehen und auch selbst Trageversuche starten.

Kommende Woche will Innenminister Joachim Herrmann die Presse über den neuesten Sachstand informieren. "Der Minister will die Vor- und Nachteile bei der Uniformfarbe ganz genau aufgelistet haben", sagt sein Sprecher Michael Siefener.

Die Entscheidung bleibt abzuwarten. So schnell wird sie wohl nicht fallen. Jürgen Ascherl von der DPolG schlägt vor, ein Präsidium damit zu beauftragen, eine Online-Umfrage bei wirklich allen bayerischen Uniformträgern zu starten. "Alles andere ist nämlich nicht repräsentativ."

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