Gergiev zu Homophobie-Vorwürfen:"Ich kenne dieses Gesetz nicht"

Gergiev zu Homophobie-Vorwürfen: Valery Gergiev, künftiger Chefdirigent der Münchner Philharmoniker

Valery Gergiev, künftiger Chefdirigent der Münchner Philharmoniker

(Foto: Robert Haas)

Valery Gergiev, designierter Chef der Münchner Philharmoniker, äußert sich zu Homophobie-Vorwürfen und distanziert sich von eigenen Aussagen. Von Wladimir Putin rückt er nicht ab - im Gegenteil.

Der designierte Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev, hat erstmals Stellung genommen zur heftigen Kritik von Schwulenverbänden in London, Rotterdam, New York und München - und sich dabei von sich selbst distanziert. Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Münchner Philharmoniker sagte er, das Zitat von ihm, das aus einem Interview mit ihm in der niederländischen Zeitung De Volkskrant stammt, stimme schlichtweg nicht.

Die niederländische Zeitung hatte Gergiev mit den Worten zitiert: "In Russland tun wir, was wir können, um Kinder vor Pädophilie zu schützen. Dieses Gesetz bezieht sich nicht auf Homosexualität, es zielt auf Pädophilie. Aber mein Terminkalender ist zu voll, um dieses Thema im Detail zu besprechen."

Als Reaktion darauf hatte es bei Gergievs Auftritten in New York und London Proteste von Schwulenverbänden gegeben, für den Mittwoch ist eine Kundgebung gegen Gergiev vor der Münchner Philharmonie geplant, wo er am Abend sein künftiges Orchester leiten wird. Das umstrittene Interview war zwar von Gergievs Mariinsky Ballett freigegeben worden, dennoch will der Dirigent nun nichts davon wissen und betont hingegen, dass für ihn Homosexualität nicht mit Pädophilie gleichzusetzen ist.

Zu Putins Anti-Schwulen-Gesetz sagt er auf Nachfrage am Dienstag: "Ich kenne dieses Gesetz nicht und ich will es auch nicht kennen. Ich habe das Gesetz nie unterstützt, weil ich es gar nicht verstehe", so Gergiev. Die Proteste in New York und London habe er nicht wahrgenommen: "Das waren keine Demonstrationen, das waren nur ein paar Leute, ich persönlich habe keine Demonstranten gesehen."

Er selbst sei nur der Kunst verpflichtet. Er sehe aber, dass es in Russland große Aufregung über Fälle von Pädophilie gebe. Auf die Frage, ob er es für richtig halte, vor Kindern über das Thema Homosexualität zu reden, meinte er: "Es ist wichtiger, in bestimmten Phasen der Kindheit über Puschkin und Mozart zu reden." Von Putin distanzierte Gergiev sich nicht, sondern lobte dessen Kulturpolitik.

Münchens Kulturreferent Hans-Georg Küppers und Philharmoniker-Intendant Paul Müller versuchten, bei der teils tumultartigen Pressekonferenz zu vermitteln. Küppers verwies auf die Distanzierung Gergievs. Natürlich werde aber der Stadtrat am Mittwoch in der Vollversammlung darüber diskutieren. Die Fraktion der Bürgerlichen Mitte hatte am Montag einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag eingereicht.

Intendant Paul Müller sagte, im Orchester selbst gebe es Diskussionen, "aber wir alle hoffen auf eine gute Lösung". "Gergiev gibt uns eine zukunftsfähige Grundlage. Es ist noch keine Situation erreicht, die man kritisch nennen könnte", so Müller. Er selbst kenne den Dirigenten "länger als die meisten hier, ich kann ausschließen, dass er einen Zusammenhang zwischen Pädophilie und Homosexualität herstellt".

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